Kurier

Skepsis nach jüngster Saudi-Volte

Fall Kashoggi. Riad gibt zu, dass der regimekrit­ische Journalist bei Faustkampf mit Agenten in Istanbul gestorben ist

- VON WALTER FRIEDL

„Zu sagen, dass ich skeptisch bin bezüglich der neusten saudischen Geschichte über Herrn Kashoggi ist ein Understate­ment. Es ist schwer, die letzte ,Erklärung’ als glaubwürdi­g zubezeichn­en.“Fürdenrepu­blikanisch­en US-Senator Lindsey Graham reicht die Erklärung aus Riad über das Verschwind­en und die Tötung des regimekrit­ischen Journalist­en bei weitem nicht aus. So wie er fordernvie­le, darunterau­chÖsterrei­chs Außenminis­terin Karin Kneissl, eine „glaubwürdi­ge und unabhängig­e Untersuchu­ng“.

Rückblende: Nach zwei Wochen des Leugnens und Herumlavie­rens gestand das saudische Königshaus in der Nacht zum Samstag ein, dass Jamal Kashoggi am 2. Oktober im Konsulat in Istanbul getötet worden sei. In der Vertretung, in der der 59Jährige Papiere abholen wollte, um seine Verlobte Hatice Cengiz heiraten zu können, sei es zu einem Faustkampf gekommen – zwischen dem Medienmann und einem 15-köpfigen saudischen Agententea­m, das entsandtwo­rdensei, umKashoggi­lebend in die Heimat zu bringen (aus Furcht lebte er in den USA im Exil). Dabei sei der Journalist gestorben.

Wo sich die Leiche befinde, so ein Offizier des Wüstenstaa­tes zur New York Times, wisse man nicht, da sich ein lokaler Mitarbeite­r um die Beseitigun­g derselben gekümmert habe. Laut türkischen Quellen ist die Leiche im Konsulat zerstückel­t undinKoffe­rnverpackt­nachSaudia­Arabien geflogen worden.

Trump glaubt den Saudis

US-Präsident Donald Trump betontejed­enfalls, dassernoch„einigeFrag­en“habe, weswegen er mit Kronprinz Mohammed bin Salman, 33, telefonier­en wolle. Allerdings seien die jüngsten Meldungen aus Riad „glaubwürdi­g“und bedeuteten einen „großen ersten Schritt“. An eineSistie­rungderbes­tehenden45­0Milliarde­n-Dollar-Deals (darunter ein 110 Milliarden Dollar schweres Rüstungspa­ket) denkt der amerikanis­che Staatschef nicht. Allerdings gibt es immer mehr Kongress-Abgeordnet­e, die genau das fordern.

Dennvieleh­altendieje­tzigeVolte Saudi-Arabiens bloß für ein Ablenkungs­manöver, um den Kronprinze­n – der eigentlich starke Mann des Landesläss­tkeinerlei­Kritikanih­mzu – aus der Schusslini­e zu bringen. Gegen 18 Verdächtig­e in dem Fall wird nun ermittelt, sie sollen gleichsam als Sündenböck­e fungieren.

In dieser Gruppe befinden sich auch zwei Personen aus dem engstenUmf­eldvonMbS, wiederKöni­gsspross genannt wird: Da ist zum einen der Vizechef des saudischen Geheimdien­stesAhmeda­l-Assiri, der die Operation organisier­t haben soll, und Saud al-Qahtani. Letzterer ist seit 2015 Berater am Hof ( jetzt wurdeerind­ieserFunkt­iongefeuer­t) und wird wegen seiner hetzerisch­en Postings „Steve Bannon von SaudiArabi­en“genannt. Er soll von der Kashoggi-Aktion gewusst und mit seinen Tweeds „zu einer aggressive­n Umgebung“beigetrage­n haben, wie die New York Times schreibt. MbS habe von all dem nichts gewusst.

Saudi-Zentrum in Wien

Neos und Liste Pilz schießen sich indes auf das von Riad finanziert­e Zentrumfür­interkultu­rellenDial­og inWienein. Eshabesich­niezuMensc­henrechtsv­erletzunge­n im Königreich geäußert und auch jetzt nicht im Fall Kashoggi. Karin Kneissl sagte, siekönnedi­eKritikver­stehen. Sie lasse gerade die Rechtslage bezüglich des KAICIID prüfen.

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Der regimekrit­ische saudische Journalist Kashoggi wurde in Istanbul getötet
 ??  ?? Starker Mann in Riad: Prinz Mohammed bin Salman immer stärker unter Druck
Starker Mann in Riad: Prinz Mohammed bin Salman immer stärker unter Druck

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