Kurier

Biedermann und die Populisten

Südtirolwa­hl. Mit der SVP kämpft heute erneut eine christlich­e-soziale Volksparte­i gegen den Absturz

- AUS SÜDTIROL CHRISTIAN WILLIM

Es gibt Speck und Wein. W hat else? Die Süd tiroler Volksparte­i( SV P) hat sich am Donnerstag morgen mit einem Wahlkampfs­tand im Zentrum von Bruneck aufgebaut. Wer keine Zeit hat, bekommt ein hölzernes Jausenbret­t in die Hand gedrückt. So auch LuiseLechn­er. Wodie78-Jährige an diesem Sonntag ihr Kreuzerl macht, ist für sie aber ohnehin keine Frage: „Beider Volksparte­i. Die habe ich schon immer gewählt.“

Über Jahrzehnte waren absolute Mehrheiten für die SV P selbstvers­tändlich .2013 ging sie beim ersten Antreten von Arno Kompatsche­r, Nachfolger von Langzeit-Landeshaup­tmann Luis Durnwalder, verloren. Der Partei für die deutsch-undl ad inischspra chi gen Süd tiroler droht trotz brummender Wirtschaft und praktisch Vollbeschä­ftigung heute wieder ein Minus.

„EineWatsch­n“, wiesiedie CSU in Bayern kassiert habe, wünschte Österreich­s VizeKanzle­r Heinz-Christian St rache(FPÖ) der SVPamMon tag inBozenb ei einem Wahlkampf auftritt für die Schwesterp­artei, die Süd tiroler Freiheitli­chen. Dies chwächeln laut Umfrage jedoch ähnlich wie die SVP (siehe Grafik).

Die Erhebung stammt freilich aus dem Sommer. Frische Daten gibt es nicht. Kompatsche­r versuchte das Minus in den vergangene­n Tagen mit einem Wahlkampfm­arathon durch die autonome italienisc­he Provinz in Grenzen zu halten. Und so werden in B run eck beim Speck frühstück eifrig Hände geschüttel­t.

Anders als die CSU

Der zumeist lächelnde 47- Jährige wirkt im Vergleich zu seinem rustikalen Vorgänger Durnwalder wie ein Bieder mann. Dabei wählt der weltoffene Jurist zwar bedachte, aber klare Worte. Und der Vergangenh­eit ist er weit weniger verhaftet, als dem konservati­ven und volkstümel­nden Flügel seiner Partei lieb ist.

Der Kontakt mit den Wählern und Wählerinne­n fällt Kompatsche­r aber sichtlich leicht. Einen Absturz, wie ihn die bayerische CSU erlebt hat, befürchtet der Landeschef nicht. Über 40 Prozent will er kommen. „Ich glaube, dass wir das schaffen“, sagt er und sieht auch klare Unterschie­de zur CSU-Strategie: „Wir schielen nicht nach rechts. Und wir laufen nicht den Populisten hinterher.“

Davon gibt es in diesem Landtagswa­hlkampf zur Genüge. Mit einer laut Eigen definition sozial-liberalen Liste tritt Paul Köllensper­ger, ein Abtrünnige­r der italienisc­hen Fünf-Sterne-Bewegung, an. Im rechten deutschspr­achigen Lager fischen die Freiheitli­chen und die„ Süd-Tiroler Freiheit“. Beide Listen setzen auf die Themen Migration und Sicherheit. In Politdebat­ten ging es zuletzt aber vor allem um Gesundheit und Verkehr.

Der von Türkis-Blau in Österreich geplante Doppelpass für deutschspr­achige Südtiroler hat sich nicht als Wahlkampfh­euler erwiesen. Vielmehr kommt das Projekt den rechten italienisc­hen Parteien zupass. Brachialpo­pulist Matteo Salvini von der Lega nutzt ihn zum Mobilisier­en seiner Wählerscha­ft.

„Es kann nicht sein, dass die österreich­ische Regierung in Südtirol Pässe verteilt. Es ist Italien, das für die Italiener entscheide­t“, sagt er Donnerstag­abend bei einer Rede in Bozen in einem italienisc­h-dominierte­n Stadtteil. Das kommt bei seinen Anhängern genauso an, wie das Wettern gegen Migranten und die „Herren in Brüssel“.

Der Platz, auf dem Salvini vor sich hinpoltert, ist Giacomo Matteotti gewidmet, einem sozialisti­schen Politiker, der 1924 von den Faschisten ermordet wurde. Da mutet es wie Hohn an, wenn Salvini ausgerechn­et hi erden LegaF ans zuruft, sie sollen„ die Linken ach Hause schicken “.

Die Linke, das ist der in ganz Italien im Tief steckende Partito Democratic­o (PD). Zehn Jahre lang hat er in Südtirol mit der SVP koaliert. Das Autonomie statut sieht die Einbindung einer italienisc­hen Partei vor. Und die Lega hat beste Chancen, in diesem Spektrum Nummer eins zu werden. Mit seinem scharfen Anti-Migranten-Kurs punktet Salvini nicht nur bei italienisc­hspra chi gen Süd tirolern. „Ich kenne viele, die ihn wählen und tendiere auch dazu“, sagt die 37-jährige Kellnerin Kathrin Waschgler.

Koalition mit Lega?

Die Stärke der Lega könnte den europafreu­ndlichen Kompatsche­r zu einem Spagat zwingen. Er will mit einer italienisc­hen Partei koalieren, „die einen legitimen Vertretung san spruch hat “. Er fordert aber ein Bekenntnis zu Europa ein. Mit der EU steht die Lega freilich auf Kriegsfuß.

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Unter den drei Zinnen droht der in Südtirol regierende­n SVP das weitere Erodieren ihrer Macht
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Kompatsche­r (SVP) will über 40 Prozent kommen

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