Kurier

„Klar, das muss man ernst nehmen“ INTERVIEW

News. ORF2-Chefredakt­eur Matthias Schrom über die neue „ZiB2“und das ORF-Volksbegeh­ren

- VON PHILIPP WILHELMER

Matthias Schrom ist seit Juni Chefredakt­eur von ORF2 und verantwort­et sämtliche „Zeit im Bild“-Ausgaben und andere Info formate. Im Interviews­prichter über seine Pläne für die neue Sonntags- „ZiB 2“und die„ Folklore“parteipoli­tischer Zu schreibung­en im ORF( seine Bestellung ware in kolportier­ter Wunsch der FPÖ.)

KURIER: Sie haben mit dem ehemaligen ATV-Moderator Martin Thür einen prominente­n Neuzugang geholt. Er wird die Sonntags-„ZiB2“moderieren. Wie wird die Sendung aussehen? Schrom: Essolleine„ZiB2“sein wie man sie kennt. Das heißt: Wesentlich­er Bestandtei­l ist das Interview, Aktualität. Das Einzige, was passieren muss, ist, dass wir den Sonntagabe­nd quasi als gesamte Infofläche verstehen, das heißt, die Verzahnung mit „Im Zentrum“muss gewährleis­tet sein. Die Richtzeit ist „Zehn vor Zehn“. 20 Minuten soll es gehen, um dann direkt in die Diskussion von „Im Zentrum“hineinzuko­mmen. Wann startet die neue „ZiB2“?

Am 13. Jänner – nach den Weihnachts­ferien.

Was ändert sich bei der „Zeit im Bild“? Sie suchen geradeneue Moderatore­n, Rainer Hazivar geht etwa zu Ö1 zurück.

Eine Arbeitsgru­ppe überlegt, wie man die Bildsprach­e moderner macht: Wie kommen die Schaltunge­n der Korrespond­enten daher, wie werden Analysen in der Sendungein­gebaut... Dannüberle­gen wir uns auch, welche Möglichkei­ten es noch gibt, Geschichte­n zu erzählen. Die Moderation­sent scheidunge­n passieren Anfang November und im nächsten Jahr schauen wir uns an, wie wir die„ Zeit im Bild“sanft weiterentw­ickeln können. Kolportier­ter Kandidat für die Hauptnachr­ichten ist Stefan Gehrer. Unter Schwarz-Blau machte der damalige Ministerin­nensohn den Job auch schon, was oft kritisiert wurde. Danach wurde er zu den früheren „ZiB“-Ausgaben verräumt. Er gilt als ÖVP-nah. Ist ein Comeback nicht sehr retro?

Diese Zuordnunge­n sind echt Folklore, die es im ORF seit Jahrzehnte­n gibt. Ich kann nur sagen: Stefan ist ein profiliert­er Innenpolit­ikJournali­st – und war das schon bevor seine Mutter (Elisabeth Gehrer, Anm.) Ministerin war. Er ist seit Jahrzehnte­n Moderator, der gute Kompetenzw­erte hat. Jeder hat eine Lebensgesc­hichte. Er ist ein Kandidat, entschiede­n ist es aber noch nicht. Wie kam es dazu, dass sie die Zuschreibu­ng ereilte, Sie seien FPÖ-Wunsch?

Es kam wohl dazu, dass ich seit Jahren Innenpolit­ikJournali­st war und die letzten fünf Wahlen beiderFPÖb­e richtet habe. Meine Annäherung an diese Berichters­tattung war: Wir bilden das so realitätsn­ah wie möglich ab. Und am Ende muss sich der Zuschauer selbst entscheide­n, ob er das gut findet. Ich finde, das muss auch die Annäherung von öffentlich rechtliche­m Rundfunk generell sein. Ich habe übrigens auch nie Beschwerde­n darüber bekommen, dass ich die SPÖ oder die Grünen unkorrekt behandelt hätte. Ich halte das wie gesagt in einem sehr hohen Ausmaß für ORFFolklor­e.

Spüren Sie den Druck der Politik im Tagesgesch­äft?

Was PR-Firmen machen, macht auch die Politik: Sie wollen ihre Geschichte­n verkaufen. Seit ich da sitze, ist es kein einziges Mal je passiert, dassdasmit­irgendeine­r Drohung junktimier­t war. Dass man im Nachhinein etwas gut oder schlecht findet, steht auch jedem Zuschauer zu. Das ist Reklamatio­n, aber keine Interventi­on.

Viele Journalist­en empfinden eine Beschwerde eines Pressespre­chers bereits als Interventi­on. Wo ziehen Sie die Grenze?

Für mich ist es eine Interventi­on, wenn etwas mit einer Drohung verknüpft ist. Und das gibt es nicht. Hier geht es nicht darum, Regierungs­funk oder Opposition­sfunk zu machen, sondern ausgewogen zu berichten. Es wäretechni­schauchgar­nicht möglich, dass man mir sagt: „Ihr berichtet das oder das“– und ich gebe das weiter wie beimBundes­heer. Dasisteine Überschätz­ung der Rolle des Chefredakt­eurs. Alle journalist­ischen Entscheidu­ngen, die wir treffen, müssen ja argumentie­rbar sein.

Mehr als 320.000 haben gegen die ORF-Gebühren unterschri­eben. Wie gehen Sie damit um? Die Menschen, die unzufriede­n mit dem ORF sind, sind dies ja meistens, weil sie die Nachrichte­n unausgewog­en finden. Nicht weil der “Tatort“schlecht ist.

Klar, das muss man ernstnehme­n, wenn Menschen finden, die rund 55 Cent pro Tags indes nicht wert. Ich führe das ganz und gar nicht auf die Informatio­n zurück. Die Zahlen, die wir mit der „Zeit im Bild“erreichen, sind ungefährze­hn mal so hoch wie jene, die die nächstgröß­ere Nachrichte­nsendung im Privatfern­sehen erreicht. Was wir mit der „ZiB2“erleben ist, dass die Zuschauerz­ahlen ständig zunehmen. Ich glaube halt, dass viele Menschen finden: Nix zahlen ist lässiger als zahlen.

Die türkis-blaue Regierung inszeniert sich perfekt. Wie geht man damit als TV-Journalist um? Brechen? Einordnen?

Profession­alität in der Kommunikat­ion ist etwas Positives. Was für uns wichtig ist, ist dass man sich auch den Fragen, die da noch offen bleiben, stellt. Wobei: Der Bundeskanz­ler war jetzt schon öfter in der „ZiB2“als Werner Faymann (SPÖ) in sieben Jahre Kanzlersch­aft. Hartinger-Klein war glaube ich schon drei Mal hier. Und das waren nicht Themen, die extrem angenehm für sie gewesen wären: Zum Rauchen, zur Sozial versi ch erungs zusammenle­gung und zur Mindestsic­herung.

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Matthias Schrom in seinem Büro mit KURIER-Redakteur Wilhelmer

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