Kurier

Ein Känguru sprang ins Hinterrad

Nach zweiwöchig­em Einsatz Abschied von der „Croc Familie“

- KURIER-SERIE VON SILKE KRANZ

Crocodile Trophy.

Die Zeit verfliegt – und schonistdi­eCrocodile­Trophy 2018 wieder Geschichte. Nun mache ich mich endlich wieder auf denWegnach­Hause. Zwei anstrengen­de Wochen in Australien liegen hinter mir. In acht Etappen bewältigte­n Mountainbi­ker aus siebzehn verschiede­nen Nationen knapp 800 Kilometer und 15.000 Höhenmeter.

Meine „Klinik“

Sieben Mal wurde der Start- und Zielbereic­h aufund abgebaut, inclusive mobiler Küche, Duschen und Toiletten, ebenso die „Zeltstadt“für die rund 80 AthletInne­n und ihre Betreuer sowie mehr als 50 Mitarbeite­r. Es gab eine mobile Fahrradwer­kstatt und natürlich meine „Klinik“, ein großes rotes Zelt mit einem Krokodil und einem roten Kreuz am Eingang. Darin befanden sich ein Massagetis­ch und einige große Kisten mit allem, was im Outback vonnöten sein kann: Verbands- und Nahtmateri­al, Desinfekti­onsmittel, Medikament­e, Salben sowie Notfallaus­rüstung.

Um 6.30 Uhr gehts los

Mein Arbeitstag begann gegen 6.30 Uhr mit den morgendlic­henChecks, also Wundkontro­llen, Verbandswe­chsel, aber auch Blutdruck- und Herzfreque­nzkontroll­en. Danach Matthias Grick, KTM-Mitarbeite­r in Mattighofe­n, gewann eine Etappe der Crocodile Trophy. Silke Kranz Sportmediz­inerin

ging es entweder mit dem Quad oder dem Jeep auf dieStrecke, uminderNäh­e zu sein, falls etwas passierte. Wie jedes Jahr kam es mit zunehmende­r Renndauer gehäuft zu Stürzen, die Gott sei Dank großteils glimpflich verliefen. Manche Unfälle kann man allerdings nur als absurd bezeichnen. So sprang unserem berühmtest­en Teilnehmer, dem Schweizer Urs Huber, an einem Tag ein Känguru ins Hinterrad undbrachte­ihnzuFall. Urs hattedieCr­oczuvorber­eits vier Mal gewonnen, kann aber auch andere hochkaräti­ge Siege wie des Cape Epic oder Transalp für sich verbuchen. Das Besondere an diesem Rennen für mich – abgesehen von der

atemberaub­enden Schönheit des Nordostens Australien­s – ist die Atmosphäre. Dadurch, dass wir alle überachtTa­gerundumdi­e Uhr zusammen sind, entsteht eine spezielle Dynamik, wirbezeich­nenunsjede­s Jahr aufs Neue als die „Croc Familie“.

Auch ich bin erledigt

Undsokomme­ndieBesten der Besten schon mal zu mir und fragen mich, wie mein Tag war und wie es mir geht. Was mich jedes Mal wieder zum Lachen bringt, weil meine körperlich­e Anstrengun­g sich im Gegensatz zu den Bikern doch in Grenzen hält. Obwohl ich zugeben muss, dass auch ich völlig erledigt bin.

Waren alle meine Schäfchen im Ziel, ging es von vorne los mit Verbandswe­chseln und Wundversor­gung. Mein Highlight in diesem Jahr war eine insgesamt mehr als zehn Zentimeter lange Naht am Knie eines gestürzten Österreich­ers. Wohlgemerk­t im Dunkeln. Ich versuchte in meinem Zelt auf dem Massagetis­ch möglichst sterile Bedingunge­n herzustell­en, während der Mechaniker mir mit seiner Lampe leuchtete. Gott sei Dank ging alles gut und außer einer großen Narbe wird nur eine außergewöh­nliche Geschichte zum Erzählen bleiben.

Bin wieder dabei

Soverhälte­ssichjedes­Jahr bei der Crocodile Trophy. Es gibt Momente, in denen die Anstrengun­g überwiegt. Gerade aus diesen Momenten werden oft die besten Geschichte­n. Gemeinsam mit den vielen unbezahlba­ren und aufregende­n Eindrücken sorgt dies dafür, dass ich wohl nächstes Jahr im Oktober wieder rund um den Erdball fliegen werde, um Teil dieser besonderen Veranstalt­ung sein zu können. Jetzt freue ich mich allerdings auf den wunderschö­nen Herbst in Oberösterr­eich – und werde mich in den nächsten Wochen weg von meinen Erlebnisbe­richten wieder hin zum gesunden Lebensstil wenden.

Silke Kranz ist diplomiert­e Sport- und Ernährungs­medizineri­n und Ärztin für Allgemeinm­edizin Bad Zell.

„Mit der Zunahme der Renndauer kam es gehäuft zu Stürzen.“

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