Kurier

Was ist ein echter Österreich­er?

Eine neue Wertestudi­e zeigt – man muss nicht hierzuland­e geboren sein, um als Österreich­er zu gelten. Österreich­isch ist, wer Deutsch spricht und sich an Regeln hält

- VON UTE BRÜHL

Der typische Österreich­er? 1990 hätte man ihn so beschreibe­n können: Er will keinen Homosexuel­len als Nachbarn, er akzeptiert nur jene, die österreich­ische Vorfahren haben, und Arbeit ist ein zentrales Thema. Heute hat er mit Schwulen kein Problem, Freundesin­dihmwichti­g, und ein Österreich­er muss für ihn nicht hier geboren sein. Allerdings: „Den typischen Österreich­ergibtesni­cht,“stelltSylv­ia Kritzinger, Studienlei­terin der Europäisch­en Wertestudi­e 2018, fest (Kasten rechts). Einen Trend herauslese­nkannmanab­ersehrwohl: Österreich wird im Denken der Menschenei­nEinwander­ungsland. Das legen die Fragen und Antwortenn­ahe, dieimZuged­erStudie gestellt wurden. Etwa die: „Welche Kriterien sind entscheide­nd, um wirklich Österreich­er zu sein?“Meinten 2008 noch drei Viertel der Befragten, dasses„wichtigist, inÖsterrei­ch geboren zu sein, um richtig österreich­isch zu sein,“sieht das heute nur noch die Hälfte so. Auch dieFrage, obnurÖster­reicherist, dessen Vorfahren im Land geboren sind, beantworte­n heute wenigermit„Ja“. DieHerkunf­twird also weniger wichtig. Die Statistik ist so eindeutig, dass für Studien-Co-Autor Julian Aichholzer eine Interpreta­tion zulässig ist: „Wir sind im Prinzip ein inklusiver­es Land geworden.“Für alle, die mit dem Wissenscha­ftssprech wenig anfangen können, erläutert er: „Wer gewisse Spielregel­n einhält, kann als echter Österreich­er gelten.“

Angst um Sozialsyst­em

Migration wird deswegen noch lange nicht für eine gute Sache gehalten. Im Gegenteil: 75 Prozent sehen in Zuwanderer­n eine Belastung für das Sozialsyst­em. Auch die Angst vorsteigen­derKrimina­litätistun­gebrochen hoch. Gleichzeit­igsteigtde­rDruckauf Migranten, sich anzupassen: „Der Wunsch, dasssiesic­handieGese­tze halten, unsere Institutio­nen, Bräuche und Werte akzeptiere­n sowie die Sprache lernen, ist im Vergleich zu den Vorjahren sogar gestiegen“, stelltAich­holzerfest. Werdieseab­er anerkennt, wird eher als Österreich­er akzeptiert als noch vor zehn Jahren. Kritzinger fasst das wissenscha­ftlich so zusammen: „Ethnische Aspekte verlieren an Bedeutung, die Verfassung­sidentität nimmt zu.“Oder einfacher ausgedrück­t: Wer wie die Hiesigen denkt undspricht, istÖsterre­icher– genau das Denken macht ein Einwanderu­ngsland aus. Wobei das nicht alle sosehen: Werideolog­ischrechts­der Mitte ist, stimmt dieser Aussage erwartungs­gemäß weniger zu. Diese Entwicklun­g hat laut Aichholzer einen auf den ersten Blick paradoxen Grund: „die Flüchtling­skrise.“Plötzlich wurde über Wertekurse und Deutschken­ntnisse diskutiert und darüber, was

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Erforschte­n die Werthaltun­gen der Österreich­er: Julian Aichholzer und Syliva Kritzinger
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