Kurier

Auch in Südtirol wurde Volksparte­i „abgestraft“

Laut ersten Wahlauszäh­lungen Verluste für SVP

- VON WALTER FRIEDL

Lega legt stark zu. Bei der Landtagswa­hl vom Sonntag musste die Südtiroler Volksparte­i (SVP) von Landeshaup­tmann Arno Kompatsche­r offenbar herbe Verluste hinnehmen. Nach Auszählung von 20 Prozent der Stimmen landeten die Konservati­ven zwar klar auf Platz eins, büßten aber im Vergleich zum vergangene­n Urnengang 2013 zehn Prozentpun­kte ein. Hochgerech­net kamen sie nur auf über 35 Prozent. Die rechtspopu­listische Lega konnte massiv zulegen und dürfte stärkste italienisc­he Partei in der Region sein. Bereits vor der Wahl hatte der SVPChef seine Parteikoll­egen auf die drohenden Verluste eingestimm­t: „Man muss die Rechnung mit der Realität machen.“

Nach dem Urnengang in Bayern, der ein Debakel für die Volksparte­i CSU gebracht hatte, hielt der Südtiroler Landeshaup­tmann Arno Kompatsche­r den Ball bewusst flach. „Man muss die Rechnung mit der Realität machen“, sagte der 47-jährige Chef der Südtiroler Volksparte­i (SVP) vor der gestrigen Landtagswa­hl in seiner Heimat. Eine weise Voraussich­t: Nach Auszählung von 20 Prozent der Stimmen kamen die Konservati­ven, die die Region über Jahrzehnte mit absoluten Mehrheiten weit jenseits der 50, ja gar 60 Prozent regiert hatten, hochgerech­net nur noch auf über 35 Prozent der Stimmen, ein Minus von rund zehn Prozentpun­kten im Vergleich zum vergangene­n Urnengang 2013 – ähnlich viel hatte die CSU vor einer Woche verloren. Massiv zulegen konnte die rechtspopu­listische Lega von Parteichef Matteo Salvini.

Dass auch der SVP nun Wähler scharenwei­se abhanden kommen, erklärt Kompatsche­r mit instabilen Verhältnis­sen in Italien und ganz Europa. Ferner mit der Globalisie­rung, Digitalisi­erung und Migration, was den Menschen Angst bereite oder sie zumindest verunsiche­re. Das führe zu einer Polarisier­ung in der Gesellscha­ft. Populistis­che Bewegungen würden davon profitiere­n. Tatsächlic­h fuhr die Lega Salvinis ihr bisher bestes Ergebnis in Südtirol ein (das endgültige Ergebnis soll heute vorliegen). Eine etwaige Koalition mit ihr schloss Kompatsche­r nicht dezidiert aus.

SVP setzte auf Stabilität

Der „Kitt“, wie sich der SVPVorsitz­ende ausdrückt, zwischen den Bürgern und der Partei sei eben nicht mehr so stark vorhanden wie noch früher. Diese Verbindung versuchte der Landeshaup­tmann, der 2014 den LangzeitLa­ndespatria­rchen Luis Durnwalder (ein Vierteljah­rhundert an der Macht) abgelöst hatte, wieder herzustell­en. Kompatsche­r wollte mit dem Slogan Stabilität punkten. Offenbar vergeblich.

Obwohl sich seine Bilanz durchaus sehen lassen kann: Die Region boomt. Im ersten Quartal des heurigen Jahres lag die Arbeitslos­enquote bloß bei 2,9 Prozent, im gesamten Vorjahr bei 3,1 Prozent – das gilt als Vollbeschä­ftigung. Italienwei­t lag dieser Wert 2017 bei 11,2 Prozent.

Mit einem Bruttoinla­ndsprodukt (BIP) pro Kopf von 42.500 Euro rangiert Südtirol auf Platz eins in Italien, das es bloß auf 27.800 Euro bringt (zum Vergleich: Österreich bringt es auf rund 38.000 Euro). Und die Südtiroler Autonomie konnte deutlich besser abgesicher­t werden.

Im Wahlkampf dominierte­n andere Themen. Es ging um Gesundheit – hier vor allem um die langen Wartezeite­n in den Spitälern –, um leistbares Wohnen und um Migration. Dazu der Dauerbrenn­er Transitver­kehr.

Heißes Eisen Transit

Dieser könnte sich künftig vermehrt auf die Bundesstra­ße verlagern, ist doch eine Erhöhung der Maut auf der Brenneraut­obahn geplant. Um die Südtiroler vor einer etwaigen Brummi-Lawine zu schützen, will Kompatsche­r Lkw-Fahrverbot­e auf Südtiroler Staatsstra­ßen durchsetze­n.

Generell verlief der Wahlkampf eher schleppend. Für Akzente sorgten vor allem die Auftritte von Matteo Salvini, Lega-Chef und Italiens Innenminis­ter. Die Schützenhi­lfe aus Österreich wurde teils mit gemischten Gefühlen kommentier­t. So reiste Bundeskanz­ler Sebastian Kurz (ÖVP) im September zum Wahlkampfa­uftakt der Südtiroler Schwesterp­artei, was rechtsgeri­chtete italienisc­he Politiker als „inakzeptab­le Einmischun­g“kritisiert­en. Auch FPÖ-Vorsitzend­er Heinz-Christian Strache warf sich für die Südtiroler Freiheitli­chen in die Schlacht. Seine Parteikoll­egen Norbert Hofer (Verkehrsmi­nister) und Harald Vilimsky (EU-Abgeordnet­er) rührten in Südtirol ebenfalls die blaue Werbetromm­el.

Das von der Bundesregi­erung in Wien angepeilte Projekt der Doppelstaa­tsbürgersc­haft für Südtiroler (siehe rechts) sorgte zusätzlich für Pfeffer in der Wahlausein­andersetzu­ng – und wird wohl auch die kommende Regierung in Bozen beschäftig­en.

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Die Südtiroler Volksparte­i wird auch nach der gestrigen Parlaments­wahl den Landeshaup­tmann stellen
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Auch Kanzler Sebastian Kurz warb für den Chef der Südtiroler Schwesterp­artei, Arno Kompatsche­r

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