Kurier

Strache als Beamtendom­pteur

Der FPÖ-Vizekanzle­r gibt sich vor seinem ersten Gehaltspok­er milder denn je

- VON CHRISTIAN BÖHMER

Die Augen? Sie schauen verschmitz­t durch die Brillenglä­ser. Der Mund ist zu einem neckischen Lächeln gespannt und auch was den Rest seiner Körperspra­che angeht, lässt Heinz-Christian Strache eigentlich keine Fragen offen: Es geht ihm prächtig, ausnehmend prächtig sogar.

Der Vizekanzle­r fühlt sich wohl an diesem Montag, und das ist alles andere als selbstvers­tändlich.

Immerhin hat der Beamtenmin­ister gerade die Beamtengew­erkschaft zu Gast, es gilt neue Gehälter zu vereinbare­n. Und der oberste Interessen­vertreter der öffentlich­en Mitarbeite­r, Norbert Schnedl, hat schon vorab wissen lassen, dass man sich ein „ordentlich­es Lohnplus“erwartet – die Sache wird also wohl eher teuer für Strache und sein Ressort.

Den Freiheitli­chen Parteichef scheint das nicht groß zu beunruhige­n, im Gegenteil: Wie schon der Kanzler hat Chef-Verhandler Strache vorab außer Streit gestellt, dass man einen „spürbaren Lohnanstie­g“anpeile. Verhandlun­gstaktisch macht das die Sache für Strache nicht wirklich leichter, es engt ihn ein, noch ehe die Verhandlun­gen richtig begonnen haben.

Plaudertas­che

Für den Vizekanzle­r überwiegen jetzt aber andere Motive. Er gibt sich großzügig, verständni­svoll und offen. Es ist die Rolle, die dem 49-Jährigen am meisten behagt.

„Heinz-Christian Strache fühlt sich zunehmend wohl in der Funktion des Vizekanzle­rs. Es gefällt ihm spür- und sichtbar“, sagt Politik-Berater Thomas Hofer im KURIERGesp­räch.

Dass der frühere Opposition­schef nach vielen Jahren der Offensiv-Rhetorik nun möglicherw­eise mehr Lust darauf hat, mild und konsensori­entiert aufzutrete­n anstatt politische Mitbewerbe­r wie Sebastian Kurz eine „minderjähr­ige Plaudertas­che“zu schelten, das ist das eine. Dass die FPÖ ihrem Chef unumwunden zugesteht, sein neues, deutlich milderes Amtsverstä­ndnis auch auszuleben, das ist die andere.

„Natürlich gibt es in der FPÖ auch jetzt Funktionär­e, die davor warnen, dass man sich von der ÖVP nicht einlullen lassen darf, dass man offensiv auftreten muss“, befundet Hofer. Diese Stimmen würden sich vorerst aber im Hintergrun­d halten, es gebe keine nennenswer­te Unzufriede­nheit in der FPÖ.

Warum? Das lässt sich vor allem mit der Wahlforsch­ung erklären. Denn während es unter Markt- und Meinungsfo­rschern über Jahre hinweg als ungeschrie­benes Gesetz galt, dass die kleinere Koalitions­partei spätestens mit dem Eintritt in eine Regierung auch einen Teil der Zustimmung und Wählerguns­t verliert, sprich bei den Umfragen verliert, ist genau das bei der FPÖ so nicht zu beobachten: Bei der KURIEROGM-Sonntagsfr­age wie auch bei allen anderen relevanten Wahl-Befragunge­n halten die Freiheitli­chen mit hochgerech­neten 26 Prozent de facto stabil ihr Wahlergebn­is von vor einem Jahr.

Die Funktionär­e haben vorerst also keinen ernsthafte­n Grund, nervös zu werden, wenn sich Heinz-Christian Strache auch auf Vermarktun­gsplattfor­men wie Facebook oder Instagram vor- zugsweise mit Hunde- und Familienfo­tos, also politisch „weicher“präsentier­t.

Hinzu kommt: Für jene Parteigäng­er, die die FPÖ nach wie vor aufgrund ihrer offensiven Rhetorik im Sicherheit­sthema schätzen, ist mit Innenminis­ter Herbert Kickl weiter ein Akteur in der Bundesregi­erung, der diese politische Flanke abdeckt.

Plötzlich „good cop“

„Zwischen Strache und Kickl ist die klassische Rollenauft­eilung ,good cop/bad-cop’ zu beobachten“, sagt Experte Hofer. „Inwieweit das Teil einer bewussten Inszenieru­ng oder nur Zufall ist, das spielt am Ende keine große Rolle.“

Apropos Inszenieru­ng: Am Montag absolviert­en Strache und die Beamtenver­treter eines der üblichen Rituale bei den Gehaltsver­handlungen: Vorab wurden die statistisc­hen Rahmenbedi­ngungen, auf denen die Verhandlun­gen in den nächsten Wochen aufsetzen, außer Streit gestellt. Das bedeutet: Die Verhandlun­gspartner einigten sich auf eine Inf lationsrat­e – nämlich 2,02 Prozent. Und sie fixierten, dass das Wirtschaft­swachstum mit 3,0 Prozent anzusetzen ist. Ohne großen Streit, ohne nennenswer­te Konflikte. „In Wertschätz­ung und Respekt“, hieß es im Anschluss – also ganz nach dem Geschmack des Vizekanzle­rs.

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Beamten-Lobbyist Schnedl (li.) will von Strache und Finanzmini­ster Löger ein „ordentlich­es Lohnplus“. Die Stimmung blieb entspannt

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