Aus Brüssel droht ein Strafverfahren
Eskalation. „Ernster Verstoß gegen Budgetvorschriften“. Kanzler Kurz einer der schärfsten Kritiker
Die Konfrontation zwischen der populistischen Regierung in Rom und Brüssel steuert auf die nächste Eskalationsstufe zu: Zum ersten Mal könnte die EU Sanktionen gegen ein Mitgliedsland verhängen, das sich nicht an die Budgetvorgaben der Union hält. Für heute, Dienstag, wird die offizielle Reaktion der EU-Kommission auf das gestern eingetroffene Antwortschreiben aus Italien erwartet. Infolge dessen könnte ein Strafverfahren gegen Italien eingeleitet werden.
Als einer der schärfsten Kritiker des italienischen Budgetentwurfs erweist sich immer lauter Österreichs Kanzler Sebastian Kurz: „Österreich ist nicht bereit, für die Schulden anderer Staaten geradezustehen, während diese Staaten die Verunsicherung der Märkte bewusst in Kauf nehmen“, wiederholte er gestern seine Warnung. Wenn Italien sein geplantes Defizit von 2,4 Prozent des BIP nicht reduziere, „muss die Europäische Kommission das Budget zurückweisen.“Seine Forderung hat als Regierungschef des derzeitigen EU-Vorsitzlandes besonderes Gewicht.
Zwar haben noch fünf weitere EU-Staaten vergangene Woche Mahnbriefe der Kommission enthalten. Auch Belgien, Frankreich, Slowenien, Portugal und Spanien müssen Ungereimtheiten bei ihren Budgetentwürfen für 2019 nachbes- sern. Doch einhellig lehnen alle anderen 27 EU-Staaten das Vorgehen Italiens ab. Selbst Griechenland, das am höchsten verschuldete Land der Eurozone, sieht den riskanten Frontalkurs Roms skeptisch.
Brüssel wirft Rom einen „besonders ernsten Verstoß gegen die Budgetvorschriften des Stabilitäts- und Wachstumspaktes“vor. Beurteilt die Kommission die Antwort aus Rom als unbefriedigend, schreibt die Hüterin der Gesetze in der EU Rom einen weiteren Brief. Zeit für eine Antwort: drei Wochen.
Angesichts der immer gröberen Beleidigungen von Innenminister Salvini und Vizepremier Di Maio in Rich- tung Brüssel scheint eine Kursänderung ausgeschlossen. Dann könnte ein EUStrafverfahren gegen Italien eingeleitet werden. Dieses zieht sich über mehrere Schritte. Bleiben Salvini & Co. allerdings hart, stünde am Ende des Strafverfahrens eine empfindliche Geldbuße oder gar der Entzug von Milliardenzweisungen aus den EU-Strukturfonds.
Experten in Brüssel geben zu bedenken: Es mache wenig Sinn, ein schwer verschuldetes Land wie Italien mit noch mehr Geldstrafen zu belasten. Klüger wäre es, die Märkte urteilen zu lassen – sie würden Italien früh und hart genug bestrafen.