Kurier

Heimspiel gegen den Fachhandel

Elektronik. Lautsprech­er-Produzent besucht Kunden zu Hause, die Händler finden das unerhört

- VON SIMONE HOEPKE

Wolfgang Krejcik ist seit Jahrzehnte­n Elektronik­händler in Wien. Der Branchensp­recher hat den Siegeszug der Handelsket­ten ebenso miterlebt wie jenen der Onlinehänd­ler. Dass jetzt aber auch noch die „Tupper-Party-Methode“in seine Branche einzieht, regt ihn sichtlich auf.

Hintergrun­d ist ein Streit mit Sonos, einem kalifornis­chen Konzern für Audio-Unterhaltu­ngselektro­nik. Sonos ist für Lautsprech­ersysteme bekannt, die drahtlos über Funk oder WLAN miteinande­r verbunden sind. Ein eher beratungsi­ntensives Geschäft, das nun aber nicht mehr die Elektronik­händler in Österreich machen, sagt Krejcik. „Sonos hat alle Verträge mit Händlern in Österreich und Deutschlan­d gekündigt und macht den Vertrieb jetzt selbst.“Und zwar dort, wo der Kunde ist – auf der Couch, im eigenen Wohnzimmer. „Sonos macht jetzt Verkaufspa­rtys wie Tupperware“, ätzt der Branchensp­recher. Für den Hersteller sei es ein Leichtes gewesen, die Kunden anzusprech­en. „Sonos-Kunden müssen sich für die System-Updates registrier­en, damit hat das Unternehme­n alle Kontaktdat­en.“

Für den Fachhandel ein einziges Ärgernis, das Geschäft sei jedenfalls verloren. „Für manche Fachhändle­r ist das existenzbe­drohend, dass Sonos sie von heute auf morgen vor die Tür gesetzt hat“, poltert Krejcik. Er hat sich an die Bundeswett­bewerbsbeh­örde gewandt – und dort prompt einen Korb kassiert. „Anhand der vorgelegte­n GFK-Marktdaten für das enge Segment Audio Home Systems weist Sonos einen Marktantei­l von weniger als 25 Prozent aus. Es liegt daher keine Form der Markt- beherrschu­ng vor“, argumentie­ren die Wettbewerb­shüter. Von Sonos-Seite heißt es auf KURIER-Anfrage, dass man sich zu Vertriebsd­etails nicht äußern will. Das Pilotproje­kt „Sonos Heimvortei­l“laufe seit September 2018 bis Ende des Jahres in drei Städten in Deutschlan­d und Österreich. Die Kunden wür- den die Möglichkei­t schätzen, die Lautsprech­er-Lösungen direkt zu Hause ausprobier­en zu können. Es handle sich umein Serviceang­ebot, das letztlich auch den Händlern zugutekomm­en würde.

5 Milliarden Umsatz

Der österreich­ische Elektronik­handel setzt im Jahr rund fünf Milliarden um – Umsätze ausländisc­her Onlinehänd­ler nicht mitgerechn­et. Diese Konkurrenz schläft allerdings nicht. Der US-Versandhan­delsriese Amazon hat Anfang dieses Monats ein neues Verteilzen­trum im Bezirk Mistelbach in Betrieb genommen, aus dem die Pakete noch schneller an Kunden im Großraum Wien ausgeliefe­rt werden sollen.

Krejcik regt die Kampfansag­e des Internetri­esen nicht weiter auf. „Das wird unsere Branche nicht besonders treffen“, meint er. Der Onlinehand­el mit Weißware, wie Kühlschrän­ken und Waschmasch­inen, stagniert bei einem Anteil von knapp 20 Prozent. „Die meisten Kunden legen noch immer Wert darauf, dass die Geräte bis an Ort und Stelle geliefert und auch angeschlos­sen werden“, sagt Krejcik, der selbst 25 Mitarbeite­r im Zustelldie­nst beschäftig­t.

Nachwuchss­orgen

Die Zahl der stationäre­n Elektronik­händler stagniert dennoch seit der Jahrtausen­dwende. „Viele Betriebe haben ein Nachfolgep­roblem“, sagt der Branchensp­recher. Das liege auch am relativ hohen Kapitalein­satz bzw. Risiko. Die Produzente­n von Elektroger­äten beliefern ihre Vertriebsp­artner längst nicht mehr auf Kommission. „Jeder Fernseher, den ich im Geschäft stehen habe, ist von mir bezahlt“, betont Krejcik. Sein Lagerwert liege bei zwei Millionen Euro. „Das muss man erst einmal verdienen.“Heuer sei vor allem das Geschäft mit Klimaanlag­en gut gelaufen – um etwa ein Drittel besser als im Jahr zuvor. Dafür haben die Österreich­er weniger Fernseher gekauft. „Bei dem Wetter waren alle im Gastgarten“, sagt der Branchensp­recher. Seine Branche macht bereits mehr als ein Viertel des Geschäfts mit Handys und allem, was dazu gehört. Und verbringt immer mehr Zeit mit der Bürokratie, sagt der Branchensp­recher.

Ärger über Pakete

„Die Händler werden mit Dingen wie der Registrier­kassenpfli­cht schikanier­t und Amazon muss nicht einmal melden, wie viel Umsatz er in Österreich macht. Er muss nur melden, wie viele Pakete er liefert, was nichts über den Wert aussagt.“Er habe sich mit seinem Ärger bereits an den Finanzmini­ster gewandt – bisher ohne Erfolg.

 ??  ?? Neuer Konkurrenz­kampf um den besten Sound im Wohnzimmer: Handel gegen Hersteller
Neuer Konkurrenz­kampf um den besten Sound im Wohnzimmer: Handel gegen Hersteller
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Ärgert sich über neue Spielregel­n: Wolfgang Krejcik

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