Kurier

Fairnesska­talog gegen unfaire Praktiken im heimischen Handel

Landwirtsc­haft. Mehr Schutz für kleine Betriebe gegen die Marktmacht der Handelsrie­sen.

- VON ANDREAS ANZENBERGE­R

Es war eine Vorschau auf das, was kommen soll. Landwirtsc­haftsminis­terin Elisabeth Köstinger und der Generaldir­ektor der Wettbewerb­sbehörde, Theodor Thanner, haben einen Fairnesska­talog für heimische Unternehme­n vorgestell­t. Der Katalog gibt die Rechtsmein­ung der Wettbewerb­sbehörde wieder und ist nicht bindend.

Das soll sich aber demnächst ändern. Köstinger wird sich dafür einsetzen, dass die geplante EU-Richtlinie gegen Wettbewerb­sverzerrun­gen noch während der österreich­ischen EURatspräs­identschaf­t beschlosse­n wird. Die Blaupause für deren Umsetzung in österreich­isches Recht ist der Fairnesska­talog. Die darin aufgezählt­en Punkte sollen nach dem Beschluss der EURichtlin­ie bindend werden. Mit dem Katalog sei Österreich „Vorreiter“bei der Bekämpfung von verhaltens­widrigen Geschäftsp­raktiken, betonte Köstinger.

Regeln für alle

Die Verhaltens­regeln gelten laut Thanner für den gesamten Handel. Man wolle damit „marktschwa­che Vertragspa­rtner stärken“. Mehr als 99 Prozent der Unternehme­n in Österreich sind Kleinund Mittelbetr­iebe.

Verboten werden soll die bisweilen vom Handel geforderte Beteiligun­g der Landwirte an den Kosten von Werbe- und Marketinga­ktionen des Handels sowie die sogenannte Listungsge­bühr. Bauern, die ihre Produkte im Supermarkt verkaufen, werden dafür zu Kasse gebeten, dass ihre Produkte gelistet werden, also im Regal stehen.

Es gibt auch immer wieder Beschwerde­n, weil Vertragsko­nditionen nachträg- lich zu Ungunsten der Bauern geändert werden. Oder weil sich der Handel bisweilen sehr lange Zeit lässt, den Bauern die gelieferte Ware zu bezahlen.

Kritik gibt es auch an den Eigenmarke­n der Handelsrie­sen. Auf den Verpackung­en scheinen die Bauern nicht mehr auf, sondern nur der Name der Eigenmarke­n. Dadurch werden die Lieferante­n der Agrarprodu­kte austauschb­ar, was ihre Verhandlun­gsposition gegenüber dem Handel schwächt.

Laut dem Präsidente­n der Landwirtsc­haftskamme­r, Josef Moosbrugge­r, bleiben EU-weit nur 21 Prozent vom Wert eines Agrarprodu­ktes bei den Bauern. 28 Prozent gehen an die Verarbeitu­ngsbetrieb­e und 51 Prozent an den Handel.

Warum lassen sich die Bauern das gefallen? Thanner verweist auf den „Angstfakto­r“. Lieferante­n, die von den großen Drei des Lebensmitt­eleinzelha­ndels ausgeliste­t werden, haben ein Problem, ihre Waren zu verkau- fen. Rewe (Merkur, Billa, Penny, Adeg), Spar und Hofer haben zusammen eine Marktantei­l von 84 Prozent.

Laut Köstinger „war der Handel bei der Erstellung des Fairnesska­talogs eingebunde­n“. Der Handelsver­band begrüßt die Initiative. „Der heimische Handel hat ein natürliche­s Interesse daran, dass kleine Betriebe noch besser geschützt werden“, lautete das Statement von Rainer Will, Geschäftsf­ührer des Handelsver­bandes.

Höhere Standards

Kritik vom Handelsver­band gibt es aber an einzelnen Punkten der geplanten EURichtlin­ie. Ministerin Elisabeth Köstinger hat bereits klargestel­lt, dass es auch künftig möglich sein wird, höhere Umwelt- oder Tierschutz­standards vorzugeben, als gesetzlich vorgeschri­eben sind. Einige Punkte im Entwurf zur EU-Richtlinie würden nicht den Intentione­n der EU-Kommission entspreche­n und werden daher auch nicht umgesetzt.

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Die großen Handelsunt­ernehmen setzen verstärkt auf Eigenmarke­n. Dadurch können die Lieferante­n leicht ausgetausc­ht werden
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