Melzer verschiebt sein Abschiedsfest
Tennis in Wien. Alles war vorbereitet – doch dann überraschte der 37-Jährige mit einem Sieg gegen Milos Raonic
Es kommt aller Wahrscheinlichkeit selten vor, dass ein Profi durch gute Leistungen den Partyschreck spielt.
Alles war vorbereitet, alles wunderbar inszeniert für eine Abschiedsfeier.
Jürgen Melzer hatte was dagegen. Er schlug in der 1. Runde, die viele für seine letzte in seiner Einzel-Karriere gehalten hatten, den Kanadier Milos Raonic 7:6, 7:5. Der Kanadier ist nach Verletzungen zurückgefallen, aber immerhin noch die Nummer 22 der Welt. Vor zwei Jahren war er gar die Nummer drei der Welt. Jetzt darf der 37jährige Melzer den nächsten Weltklasse-Spieler fordern. Einen, der gegenwärtig sogar in den Top Ten steht: Am Mittwoch wartet der Südafrikaner Kevin Anderson, Nummer acht der Welt.
Dabei war der DeutschWagramer zu Beginn bei den Aufschlagspielen des Kanadiers der Passagier, den er vorausgesehen hatte. Erst im sechsten Aufschlagspiel gelang Österreichs Rekordspieler der erste Punkt. Da aber der 27-Jährige sehr behäbig beim Return wirkte, half es, dass Melzer bis zum Ende konzentriert blieb. „Natürlich war es ein Vorteil, dass er beim Return nicht seinen besten Tag hatte“, gab Melzer zu.
Begeisterung
Von der Atmosphäre in der Stadthalle war Melzer begeistert, auch, wenn nur 2500 Fans da waren. „Ich war Turnierdirektor Herwig Straka so dankbar für die Wild Card, dass ich gerne den etwas undankbaren Montag genommen habe. Weil der Dienstag gehört Dominic Thiem.“
Dass der drohlich im Abschied beRaum stand, wusste er. „Natürlich blendet man das nicht aus, dass es das dann gewesen ist. Aber unmittelbar vor dem Match denkt man an die Chance, hier vielleicht noch einmal zu zeigen, was man kann.“
Gerade in Wien hat er das oft getan. 2009 und 2010 gewann er das Turnier. Eine Erstrundenniederlage setzte es lediglich 2004, und zwar gegen den Deutschen Rainer Schüttler. „An das kann ich mich gar nicht mehr erinnern.“
An das laufende Turnier wird er sich freilich immer erinnern. Erstern, weil er im Einzel weiter spielen darf, zweitens, weil er im Doppel weiterhin nicht nur Bestandteil des Wiener Turniers ist. Gemeinsam mit dem Vorarlberger Philipp Oswald wird er am Donnerstag zur Erstrundenpartie gebeten. „Wir müssen unbedingt punkten. Damit wir nächstes Jahr in die großen Turniere rutschen.“
Nummer 2 der Welt
Die Nummer zwei der Welt ist auch da. Und kaum jemand registriert es. Oliver Marach kann sich zumindest in aller Ruhe durch die Wiener Stadthalle bewegen. Dass nur die US-Legende Mike Bryan im Doppel vor ihm steht, hat nur bedingt Anerkennung gefunden.
Was aber an seinem Beruf liegt. „Wir haben das Thema schon seit vielen Jahren, dass das Doppel im Gegensatz zum Einzel vernachlässigt wird. Aber es bessert sich ein wenig“, sagt der 38Jährige, der heuer mit seinem kroatischen Standardpartner Mate Pavic die Australian Open gewann. Aber Aufholbedarf gibt es dennoch. „Wir haben heuer zwei ATP500-Finali gespielt. Dort hat man die Einzelfinalspiele übertragen und uns nicht.“
Anders ist es beim ATP-Finale in London, auch heuer wieder Mitte November. „Dort werden die Einzelspiele genauso wie die Doppelpartien übertragen. Und vor allem werden wir dort fast genauso groß präsentiert wie die Einzelspieler.“
Heute spielt er mit Pavic gegen das Österreicher-Duo Lucas Miedler/Dennis Novak (2. Partie nach 19 Uhr).