„Künstliche Intelligenz wird Menschen ersetzen“
Digitale Revolution. In China sind neue Technologien, die in Europa noch für Unbehagen sorgen, bereits Realität.
Auf die Frage, welcher große Trend die Technikwelt in den nächsten Jahren am stärksten beeinflussen wird, gibt der chinesische Milliardenkonzern Huawei eine eindeutige Antwort: Künstliche Intelligenz (KI). Deutlich zu sehen war das bei der Technologie-Konferenz Huawei Connect, die in Schanghai über die Bühne ging und KIEntwicklungen in den Mittelpunkt rückte. An drei Tagen besuchten rund 25.000 Besucher das Messezentrum in der ostchinesischen Metropole.
Huawei nutzte bereits bei der Eingangskontrolle die hauseigenen Technologien: Während gewöhnliche Besucher mit Ausweis und Registrierungscode ihr Ticket abholen müssen, konnten Huawei-Mitarbeiter per Gesichtsscan die Zugangskontrolle passieren.
Zweifelhafter Vorreiter
Viele der Dinge, wie sie in China bereits eingesetzt werden, sind in Europa aufgrund der strengeren Datenschutzbestimmungen heute noch undenkbar. Hörte man sich auf der Messe bei den internationalen Besuchern um, wunderten sich viele, was in dem asiatischen Land innerhalb kurzer Zeit alles umgesetzt wurde.Ein Sprecher auf der Konferenz war auch Vishal Sikka, der ehemalige Chef des indischen ITGiganten und Milliardenkonzerns Infosys. Wie Huawei pflegt er einen eher pragmatischen Zugang zu der Thematik: „Wir können von der KI-Welle entweder ausgelöscht werden, oder wir können auf ihr reiten“.
Flughafen und Polizei
Was bei vielen Datenschützern in Europa alle Alarmglocken schrillen lässt, ist auf dem chinesischen Flughafen bereits Realität: So wird etwa bei allen Passagieren, die über Shenzhen reisen, Gesichtserkennung angewendet. Anhand von Big-DataAnalysen will man dann herausfiltern, wer genauere Sicherheitskontrollen über sich ergehen lassen muss.
„Die meisten Passagiere brauchen nur wenige Security Checks, lediglich eine kleine Minderheit muss detailliert durchsucht werden“, er-
klärt Zhang Huai, der ChefTechniker des Flughafens Shenzhen.
Die potenziell missbräuchliche Verwendung derartiger „Totalüberwachung“ist dabei – wenig überraschend – kein Thema.
Mit künstlicher Intelligenz verwaltet wird auch die Zuteilung der Gates an ankommende und abfliegende Flugzeuge. Die Wartezeit für Passagiere sei dadurch um 15 Prozent gesunken.
Die Polizei in Schanghai setzt ebenfalls auf KI, um die Stadt sicherer zu machen, wie Li Qiang, Technologie- chef der Verkehrspolizei erklärt. Durch intelligentes Ampelmanagement konnte die Wartezeit in Staus um knapp 18 Prozent gesenkt werden. Mit den Verkehrskameras wird auch analysiert, ob Menschen am Steuer telefonieren und ob sie angeschnallt sind. In Kombination mit Gesichtserkennung werden so Strafen verhängt. „Wir können aktuell bis zu 300 Millionen Bilder in Echtzeit verarbeiten“, sagt Qiang.
Experten gesucht
Laut dem Huawei-Vorsitzenden Eric Xu ist künstliche Intelligenz die neue „AllzweckTechnologie.“Sie werde sämtliche Bereiche unseres Lebens beeinflussen und alle Industrien massiv verändern. Während viele Experten noch diskutieren, in welchem Ausmaß künstliche Intelligenz heutige Arbeitsplätze auslöschen wird, ist für den chinesischen Konzern die Sache klar: „Unsere Erfahrung zeigt, dass KI Menschen bei bestimmten Aufgaben ersetzen wird“, so Xu. Es werde weit weniger Jobs geben, die simple, repetitive Tätigkeiten erfordern, wie etwa Fließbandarbeit.
„Künstliche Intelligenz erlaubt es uns, Lösungen für die Probleme der Welt zu finden.“
Eric Xu Huawei-Vorsitzender
Personalmangel
Was es auf dem Feld noch dringend benötigt, ist Fachpersonal. Laut Xu ist aktuell lediglich ein Prozent des Bedarfs an Experten auf dem Gebiet abgedeckt. Für Firmen wie Huawei wird die Talentsuche immer wichtiger, die auch im Rahmen der Huawei Connect auf vollen Touren lief.
Locken will man mit guter Bezahlung. In China können entsprechend ausgebildete Einsteiger mit einem Gehalt von 12.000 RMB (1500 Euro) im Monat rechnen, das Fünffache des durchschnittlichen Gehalts in China.
Der KURIER besuchte die Konferenz auf Einladung von Huawei.