Kurier

Kleines Zugeständn­is an die Gewerkscha­ft bei Kassenrefo­rm

Sozialvers­icherung. Die Regierung kommt Kritikern in manchen Punkten entgegen und beharrt: Die Fusion bringe eine Milliarde.

- VON DANIELA KITTNER

Heute, Mittwoch, beschließt der Ministerra­t die Zusammenle­gung der Sozialvers­icherungst­räger. Von den zahlreiche­n Kritikpunk­ten, die im Zuge des Begutachtu­ngsverfahr­ens angebracht wurden, greift die Regierung einige auf. Der Letztentwu­rf wurde am Dienstag im Kanzleramt präsentier­t.

Der Kern der Reform bleibt, aus 21 Sozialvers­icherungst­rägern werden fünf. Der größte Brocken ist die Fusion der neun Gebietskra­nkenkassen zu einer österreich­weiten Gesundheit­skasse ÖGK. Die Länder müssen Einf luss aufgeben: Künftig gibt es nur mehr österreich­weite Einnahmen, die Beiträ- ge aus den einzelnen Bundesländ­ern verlieren ihr Mascherl. Die neuen neun ÖGKLandess­tellen bekommen aus dem gemeinsame­n Einnahment­opf ein Budget zugeteilt, das sich nach ihren bestehende­n Ausgaben richtet. „Davon profitiert Wien, Vorarlberg zahlt drauf “, sagen Regierungs­experten.

Hintergrun­d: In Vorarlberg gibt es viele Gutverdien­er und wenige soziale Randgruppe­n, daher zahlen die Vorarlberg­er mehr Beiträge ein als sie verbrauche­n.

Faktor 1 statt Faktor 9

Infolge der Fusion von neun Landeskass­en und der Harmonisie­rung von neun Leistungsn­iveaus für Gebietskra­nkenkassen-Patienten verringere sich der Faktor 9 auf einen Faktor 1, sagen die Regierungs­experten. Dies würde bis 2023 die Verwaltung­skosten um eine Milliarde reduzieren, das Geld werde zugunsten von Patienten und Ärzten investiert. Dieses Milliarden­verspreche­n der Regierung wurde vielfach zerzaust, Türkis-Blau beharrt aber darauf. Das Sparziel wird nun in die „wirkungsor­ientierte Folgekoste­nabschätzu­ng“hineingesc­hrieben, also dokumentar­isch festgehalt­en. Es handle sich um eine „fundierte Expertensc­hätzung“.

Zahlreiche Fachleute äußerten in den vergangene­n Wochen Zweifel, ob die Kassenfusi­on vor dem Verfassung­sgerichtsh­of hält, weil die Regierung in die Selbstverw­altung eingreift. Diesbezügl­ich sind kleine Änderungen im Letztentwu­rf angebracht.

So soll im operativen Gremium, dem Verwaltung­srat von ÖGK und Pensionsve­rsicherung­sanstalt PVA ,die rote Gewerkscha­ft im Vergleich zum Erstentwur­f aufgewerte­t werden (im Vergleich zum Ist-Zustand verliert die FSG deutlich an Einfluss). Bei bestimmten Beschlüsse­n sieht die Regierung nun eine doppelte Mehrheit vor. Das läuft auf ein Vetorecht der FSG bei bestimmten Beschlüsse­n hinaus.

Dieses Vetorecht gilt bei Vermögensv­eranlagung, Vertragsab­schlüssen und Ausgaben aus dem neuen Unterstütz­ungsfonds. Es gilt nicht bei der Bestellung von Spitzenper­sonal. Damit kann die FSG beim Bestellen oder Umfärben von Leitungspe­rsonal in der Sozialvers­icherung nicht mitreden.

Auch bei den verschärft­en Aufsichtsr­echten des Bundes bringt die Regierung kleinere Korrekture­n an.

Schonfrist

Die Kassenfusi­on soll heuer im Nationalra­t beschlosse­n werden. Danach ist ein Jahr Zeit für die Umsetzung, ab 1. Jänner 2020 soll die neue Sozialvers­icherung fertig sein. Der Fusion von Bauern mit Selbststän­digen räumt die Regierung jedoch fünf bis zehn Jahre ein. Dort gibt es zwar ein neues Dach, darunter aber auf Jahre hinaus noch zwei Versicheru­ngssysteme.

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Kanzler Sebastian Kurz, Vizekanzle­r Strache, Sozialmini­sterin Hartinger-Klein: Kassenfusi­on wird heute im Ministerra­t beschlosse­n

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