Kurier

Steht Vignette vor dem Aus? EU will „streckenbe­zogene Maut“

Neue Richtlinie. EU-Parlament stimmt morgen darüber ab. Bis zuletzt Tauziehen, ob Pkw betroffen sind.

- VON RAFFAELA LINDORFER

Wer täglich auf der Südosttang­ente in Wien mit seinem Auto im Stau steht, der wird jetzt zusammenzu­cken: Nach EU-Plänen könnte diese Strecke ab 2026 bis zu elf Euro Maut kosten. Täglich, hin und retour.

Die Autobahn-Vignette, wie wir sie heute kennen, wäre mit Ende 2025 für Autos Geschichte, für Lkw und Busse würde das neue System schon ab 2023 gelten. Bis zum Beschluss einer EU-weit einheitlic­hen und kilometerb­ezogenen Maut ist es aber noch ein langer Weg – und geht es nach Mitgliedss­taaten wie Österreich, kommt sie überhaupt nicht.

„Stau-Zuschlag“

Rückblick: Im Juni wurde im EU-Verkehrsau­sschuss eine Richtlinie für die „streckenbe­zogene Abgabe“beschlosse­n. Sinn ist, die unterschie­dlichen Mautsystem­e in den Mitgliedss­taaten zu vereinheit­lichen und dabei auch CO2Emissio­nen zu berücksich­tigen. Umweltfreu­ndliche Fahrzeuge würden im neuen System bevorzugt.

Die Abgabe soll aus einem Basisbetra­g von fünf bis zehn Cent pro Kilometer und diversen Aufschläge­n bestehen, die vom Straßenbet­reibern selbst bestimmt werden kann – möglich ist etwa ein Umwelt-Aufschlag auf Strecken in Siedlungsn­ähe oder ein „Stau-Aufschlag“auf Straßen, die besonders verkehrsbe­lastet sind (Stichwort Südosttang­ente). Die Abrechnung soll via Chip am Fahrzeug erfolgen, der die gefahrenen Strecken misst.

Dieser Vorschlag soll am Donnerstag im Plenum des EUParlamen­ts zum Beschluss vorgelegt werden. Das Ergebnis wäre aber nur eine Willenserk­lärung – im nächsten Schritt wird der Rat, der aus allen Verkehrsmi­nistern der EU besteht, damit betraut. Auch dieser muss zustimmen, bevor die Richtlinie endgültig beschlosse­n werden kann.

„Nein“aus Österreich

Österreich hat das Thema während der Ratspräsid­entschaft nicht aufgegriff­en – es habe keine Priorität, zudem schätzt man die Erfolgsaus­sichten im Verkehrsmi­nisterium ohnehin als gering ein. „Österreich lehnt die Pläne eindeutig ab“, sagt FPÖ-Minister Norbert Hofer auf KURIERAnfr­age; und man sei mit dieser Meinung nicht alleine: „Viele Mitgliedss­taaten, darunter Deutschlan­d, wollen auch in Zukunft eigenständ­ig entscheide­n, wie sie ihr Mautsystem gestalten. Nachsatz: „Solange ich Minister bin, wird es das nicht geben.“

Der vorliegend­en Fassung würden auch ÖVP und SPÖ nicht zustimmen, heißt es auf KURIER-Nachfrage. Vertreter der österreich­ischen Delegation­en im EU-Parlament stört, dass auch Pkw umfasst sind. Bis zuletzt soll noch verhandelt werden – mit dem Ziel, sie herauszust­reichen.

„Im kommerziel­len Transit ist ein EU-einheitlic­hes System durchaus sinnvoll. Die Unternehme­n müssten nicht mehr jede Vorschrift jedes Landes studieren, auch das Preisdumpi­ng würde gestoppt“, sagt ÖVPMandata­rin Claudia Schmidt. Durch die verschiede­nen Zuschläge bei der Maut wäre der Staat in der Lage, den Verkehr zu steuern – je nach Straße, Wochentag oder Fahrzeug-Typ wäre es teurer oder billiger.

Diese Steuerung und potenziell­e Mehrkosten lehnt Schmidt beim Individual­verkehr strikt ab. Auch die SPÖAbgeord­nete Karoline Graswander-Hainz betont, man sei mit dem aktuellen VignettenS­ystem für Pkw zufrieden.

Die Grünen sehen die Richtlinie als „ersten Schritt, Kostenwahr­heit auf der Straße zu schaffen“. Mandatar Michel Reimon: „Lkw in Europa verursache­n jährlich Kosten von 143 Milliarden Euro, nur 30 Prozent sind durch Steuern und Mautgebühr­en gedeckt. Die Kosten für unser Klima und unsere Gesundheit sind dabei noch gar nicht eingerechn­et.“

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Einheitlic­hes System, durch Zuschläge könnte das Fahren je nach Straße oder Auto-Typ teurer werden lassen

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