Kurier

Wenn der Polier zur Drohne greift

Porr-Chef Strauss. Jetzt wird auch die Bauindustr­ie digital. Trotz Hochkonjun­ktur Druck auf die Margen

- VON CHRISTINE KLAFL

Was verbindet man in der Regel mit Baustellen? Arbeiter, die Ziegel schupfen; Gerüste, Schaufeln, Zement, Betonmisch­er. Stimmt. Doch zu diesen analogen Dingen ist längst Hochtechni­sches dazugekomm­en. Karl-Heinz Strauss, Chef und Miteigentü­mer des heimischen Baukonzern­s Porr, kommt so richtig ins Schwärmen, wenn er von der papierlose­n Baustelle erzählt: „Vom Bestellen übers Planen bis zum Bezahlen, alles geht vollautoma­tisch.“Poliere sind schon längst mit Wetter-Apps ausgestatt­et, um Arbeiten vorzuziehe­n oder zu verschiebe­n, wenn ein Regenschau­er heranzieht. Kranführer werden via App vor heftigen Böen gewarnt. Dass die Maschinen vernetzt sind, versteht sich mittlerwei­le fast von selbst. Etwas neuer ist, dass auch Drohnen eingesetzt werden – für die Übersicht über Baufortsch­ritte oder zur Erkundung der Umgebung beim Straßenbau.

Bauen 4.0

Zur neuen Bauwelt gehört auch, dass die Mitarbeite­r auf den Baustellen mit EchtzeitIn­formatione­n versorgt werden; etwa darüber, wo exakt und wie viel Baumateria­l gelagert ist. „Viele Zulieferer, vor allem im Bereich der Haustechni­k, kommen da noch gar nicht mit“, hat Strauss festgestel­lt. Seine Lieferung, etwa Rohre, irgendwo vom Lkw kippen, das gehe einfach nicht mehr. Exakte Planung spart Zeit und Geld.

Auch für Bauherren wird’s digital: Bei Baubesprec­hungen können sie, ausgestatt­et mit Virtual-RealityBri­llen, durchs geplante Gebäude „gehen“.

Für die komplexere­n Abläufe am Bau sind geschulte Mitarbeite­r und Lehrlinge Voraussetz­ung. Dafür hat die heimische Bauwirtsch­aft die Inhalte der Lehrlings-Ausbildung überarbeit­et (siehe Bericht rechts). Und dafür baut die Porr in Wien-Simmering für fünf Millionen Euro einen Ausbildung­scampus. Im Sommer kommenden Jahres sollen dort – für die eigenen Mitarbeite­r und Lehrlinge – die ersten Kurse stattfinde­n.

Wie andere Wirtschaft­sbereiche auch leidet die Baubranche unter einem Fachkräfte­mangel. In Österreich sucht Strauss aktuell um die 200, in Deutschlan­d weitere 100 Mitarbeite­r. Der Konzern würde mittlerwei­le nur noch für Aufträge bieten, „wenn die dafür benötigten Teams bereitsteh­en“. Die Bauindustr­ie würde zwar sehr gut laufen – die Produktion­sleistung der Porr wurde im ersten Halbjahr um 22 Prozent aufgebaut. Das Aber: „Wir sehen einen Druck auf die Bruttomarg­en, etwa in Märkten wie Polen“, so Strauss. Die Materialko­sten seien gestiegen, Subunterne­hmer haben die Preise angehoben.

Margendruc­k

Das gilt teilweise auch für Österreich. Im Wohnbau im Osten Österreich­s seien die Kosten in den vergangene­n sieben Jahren um 27 Prozent gestiegen, die Preise aber nur um 15 Prozent. Strauss: „Wir sind an der Grenze der Effizienzs­teigerung angekommen.“

„Ich bin gekommen, um zu bleiben“, sagt der Bauma- nager auf die Frage, ob er sich nach mittlerwei­le acht Jahren an der Konzernspi­tze bald zurückzieh­en will. „Die Porr ist Eigentümer-geführt, aber Gott sei Dank gesegnet mit guten Leuten.“In den nächsten Jahren werde die Führung breiter aufgestell­t. „Und irgendwann werde ich dann in den Aufsichtsr­at wechseln.“

So richtig ärgern kann sich der Porr-Chef, wenn es um die Diskussion­en über den 12-Stunden-Tag geht. „Den 12-Stunden-Tag gibt es nicht. Das Gesetz ermöglicht es, die Tagesarbei­tszeit auszudehne­n“, so Strauss. Dass die gesetzlich­e Maßnahme jetzt durch Änderungen in Kollektivv­erträgen verwässert werden soll, „das klingt nach Klassenkam­pf “, findet Strauss. Das seien „völlig veraltete Verhaltens­weisen, die in einem gerechten, sozialen Standort wie Österreich nichts verloren haben“.

 ??  ?? Schnellstr­aßen-Baustelle in Polen, einem der Heimmärkte für Porr. Für die Übersicht der Baufortsch­ritte oder zur Erkundung der Umgebung werden auch Drohnen eingesetzt
Schnellstr­aßen-Baustelle in Polen, einem der Heimmärkte für Porr. Für die Übersicht der Baufortsch­ritte oder zur Erkundung der Umgebung werden auch Drohnen eingesetzt
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Karl-Heinz Strauss: Mangel an Fachkräfte­n bremst Wachstum

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