Kurier

„Ich war zu demütig“

Goran Djuricin. Der Ex-Rapid-Coach bricht sein Schweigen und spricht über den Druck, die Fans und eigene Fehler

- VON ALEXANDER HUBER

Goran „Gogo“Djuricin ist seit Montag nicht mehr RapidMitar­beiter. Der Vertrag des Ex-Trainers wurde mit deutlich spürbarer Wertschätz­ung aufgelöst. Nach einer Woche Urlaub meint der 44-Jährige: „Ich muss mich erst wieder an die Ruhe gewöhnen und merke erst jetzt, wie leer meine Batterien waren.“Einzelne Medien haben dem Wiener für eine Abrechnung mit Rapid sogar Geld geboten.

Goran Djuricin will lieber einen Rückblick ohne Zorn. Mit Kritik, aber auch Selbstkrit­ik – und wählt dafür den

KURIER aus.

KURIER: Rapid nach Runde

war eins Erster, Sie waren kritisch. War das eine Vorahnung? Goran Djuricin: Thomas Hickersber­ger hat sehr viel Erfahrung mit der Europa League und hat von Anfang an gemeint, dass es mit dem Kader, den Verletzten und einem Einzug in die Gruppenpha­se ganz schwierig wird. Mein Zugang ist immer ein sehr positiver, aber leider hat Hicke Recht bekommen.

Hätten Sie weitere Verstärkun­gen fordern müssen?

Ich habe mich diplomatis­ieren lassen. Ich habe zu vielem Ja gesagt, weil das Verhältnis zu Sportdirek­tor Bickel so gut und der gegenseiti­ge Respekt so groß ist. Fredy war wirklich eine große Stütze. Ich konnte den Standpunkt des Vereins nachvollzi­ehen: Wenn wir nachkaufen, die Verletzten zurückkehr­en und im Play-off ausscheide­n, haben wir bald viel zu viele Kaderspiel­er. Künftig muss ich als Trainer aber egoistisch­er werden.

Welche Fehler ärgern Sie noch?

Ich war zu demütig. Etwa in der Frage der Rasenquali­tät, die Didi Kühbauer öffentlich angesproch­en hat. Ich war dankbar für diese Chance, habe aber deswegen darauf verzichtet, öfters auf den Tisch zu hauen.

Und dass Sie stur am 4-2-3-1 festgehalt­en haben ...

... war auch nicht optimal. Die Spieler lieben das 4-2-31 mit den Läufen nach innen. Ich wollte es ihnen nicht wegnehmen. Ich war zu selten der Gogo wie in Ebreichsdo­rf. Dort hatte ich keinen Druck, habe mehr Risiko genommen und es geliebt, für Überraschu­ngen zu sorgen.

Würden Sie im Rückblick der Ja zu Rapid sagen?

Absolut. Ich bin trotz allem auf einen guten Punkteschn­itt gekommen, war im Cup zwei Mal weiter als die meisten meiner Vorgänger, bin in der Liga Dritter geworden, bin in die Europa League gekommen, habe Strebinger wieder zur Nummer 1 gemacht und Spieler wie Wöber, Ljubicic und Müldür entwickelt. Aber mit mehr Erfahrung wäre meine Performanc­e rund 10 bis 20 Prozent besser gewesen.

wie- Nachfolger Didi Kühbauer hat die körperlich­en Probleme angesproch­en, aber betont, dass er damit nicht Sie kritisiert. Was ist also schief gelaufen?

Dazu will ich nichts sagen, weil ein Anderer schlecht hingestell­t würde. Das werde ich öffentlich nie machen.

Für den Spruch „Unsere Stürmer sind gut, sie treffen halt leider nicht“wurden Sie verlacht. Wenig später gaben Ihnen Joelinton und Kvilitaia Recht. Wurden die Auswirkung­en der Abgänge unterschät­zt?

Ja! Die beiden waren Goldes wert. Pavlovic könnte die Lücke schließen, ich kannte ihn leider fast nur verletzt.

Sie wollten das Offensivpr­essing verbessern. Wie passen da Alar und Knasmüllne­r dazu?

Alar ist der perfekte Schleicher, aber er braucht einen körperlich starken Angreifer neben sich. Dovedan von Heidenheim wäre die dafür nötige Maschine gewesen, ihn haben wir nicht bekommen. Als Knasmüllne­r im Derby in der 2. Minute die Top-Chance vergeben hat, war sein Kopf nur noch unten. Aber er kann wie in der Europa League auch ein Top-Spieler sein. Er braucht nur diese Erkenntnis, dass er scheitern darf, deswegen aber noch lange nichts verloren ist.

Wie ist der Abschied von Mannschaft verlaufen?

Ich war nicht der Einzige, der Tränen vergossen hat. Ein Spieler hat zugegeben, dass sie durch die Umstände nicht mehr die volle Konzentrat­ion hatten. AmEnde war es für alle eine Erlösung.

der

„Rapid-Pfarrer“Pelczar hat im Standard gemeint, durch den Vertrauens­verlust wäre Ihnen „die verständni­svolle Liebe abhanden gekommen“.

Ich weiß nicht, wie ich die letzten Wochen ausgehalte­n habe. Der Druck von außen und die viele Energie, die mir von der Mannschaft abverlangt wurde, haben mich gehindert, meine Leistungss­tärke abzurufen.

War das Derby der Knackpunkt?

Stefan Schwab hat das zu mir gesagt und er könnte Recht haben. Wir hatten bei 0:0 vier 100-prozentige Chancen und dann steht es 0:1 – da ist dann so viel negative Energie reingekomm­en.

Wie sehr hat Sie die „Gogo raus“-Kampagne der organisier­ten Fanszene getroffen?

Beim 0:0 gegen den WAC war es kein Problem, weil wir so schlecht waren. Einschneid­end war es gegen Steaua. Wir wussten, dass wir gegen einen richtig starken Gegner den klaren Heimsieg brauchen, sind 2:0 vorne – und vor der Pause kommt „Gogo raus“. Ich war sehr enttäuscht, dass die Mann- schaft den Fans in diesem Moment so egal war. Da müssten sich viele hinterfrag­en: Bin ich wirklich so ein guter Fan?

Bickel hat unterschät­zt, dass bereits bei Ihrer Vertragsve­rlängerung der Unmut groß war. Warum hatten Sie so gar keinen Kredit im Umfeld?

Ich vermute, dass das mit der Aussprache in Ried zu tun hat. Ich fand das damals unpassend und habe es auch gezeigt. Am nächsten Tag war ich Cheftraine­r. Das war nicht der beste Start, obwohl das Verhältnis zum Chef der Ultras immer in Ordnung war. Noch eine Klarstellu­ng, weil da Gerüchte kursieren: Außerhalb des Stadions gab es nie Probleme mit Fans.

Welchen Wunsch hätten Sie für die Zukunft an die Rapid-Fans?

Die Fans sollten auf hören, so intensiv und auch aggressiv einen Titel zu fordern. Dieser Druck bringt niemanden etwas. Sie müssten realistisc­her werden, aber ich weiß, dass das von emotionale­n Fans sehr viel verlangt ist.

Haben Sie Didi Kühbauer Ihren Nachfolger erwartet?

Am Anfang hätte ich gedacht, es braucht einen Trainer, der extrem ruhig ist und das auch ausstrahlt. Aber da die Fans viel Einfluss haben, ihn lieben und jetzt Ruhe geben, hilft das sehr. Die großen Vereine wollen Legenden, warum auch immer. Insgesamt sehe ich in Didi die beste Lösung für die Umstände.

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Wie gut oder schlecht ist Rapid?

Wenn die Mannschaft gegen den Ball besser wird, ist sie top. Dann kann Rapid Zweiter werden, davon bin ich nach wie vor überzeugt.

Wo sehen Sie Ihre Zukunft?

Ich möchte hospitiere­n – bei einem Verein mit Doppelbela­stung und einem ohne, wegen der unterschie­dlichen Trainingss­teuerung. Im Winter wäre ich wieder als Cheftraine­r bereit.

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