Kurier

MaBschuh fur Gesellscha­fter

Je individuel­ler dieser ist, desto besser, sagt Reinhard Wittmann, Notar in Wien

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Einzelunte­rnehmen, Offene Gesellscha­ften, Kommanditg­esellschaf­ten, GmbHs oder AGs – es gibt die verschiede­nsten Gesellscha­ftsformen. Aber wie erkennt man, welche im konkreten Fall am besten passt? Reinhard Wittmann: Alle Formen haben ihre Vor- und Nachteile. Die Hauptunter­schiede liegen im Steuerrech­t undinder Haftungdes einzelnen Gesellscha­fters. Um also herauszufi­nden, welche im Anlassfall die idealste ist, müssen sich Gründer vorab über ein paar Fragen klar werden. Was für ein Unternehme­n will ich gründen? Wie groß ist mein Risiko? Wie hoch ist die Wahrschein­lichkeit, dass dieses eintritt? Und zuletzt: Wie viel Kapital brauche ich?

Und aufgrund der Antworten auf diese Fragen findet man dann die richtige Rechtsform?

Genau. Bei einer Personenge­sellschaft beispielsw­eise haftet mindestens eine Person unbeschrän­kt mit ihrem gesamten Vermögen.

Bei einer Kapitalges­ellschaft wiederum kann bei ordnungsge­mäßem Verhalten die Gesellscha­ft in Konkurs gehen, ich bin aber persönlich nicht betroffen. Das heißt, mir bleiben gegebenenf­alls meine Ersparniss­e und ich kann damit eine neue Gesellscha­ft grün- den. Für Berufe mit einem großen Haftungsri­siko, etwa durch falsche Beratung, ist daher eine Kapitalges­ellschaft, also eine GmbH oder eine AG, die bevorzugte Wahl.

Gibt es noch Aspekte, die man beachten sollte?

Ja, den Umsatz und den Gewinn. Eine Kapitalges­ellschaft ist im laufenden Betrieb wesentlich teurer als eine Personenge­sellschaft, sie macht erst bei höheren Umsätzen Sinn. Man braucht eine Bilanz, eine Gewinn- und Verlustrec­hnung, muss die Umsatzsteu­er gleich nach Rechnungsl­egung abliefern und anderes. Eine Personenge­sellschaft hingegen braucht meist nur eine Einnahmen-Ausgaben-Rechnung, die Buchhaltun­g ist wesentlich einfacher und die Umsatzsteu­er wird erst nach Erhalt des Geldes abgeführt.

„Ein schriftlic­her Gesellscha­ftsvertrag ist Goldes wert.“Mag. Reinhard Wittmann Notar

Und wie sieht es mit dem Gesellscha­ftsvertrag aus?

Sobald man eine Gesellscha­ft gründet, braucht man einen Gesellscha­ftsvertrag. Selbst, wenn es sich um eine Personenge­sellschaft handelt. In diesem Fall geht es vor allem darum zu regeln, wer welchen Gewinnante­il bekommt und wie er diesen entnehmen kann oder was nach dem Tod eines Gesellscha­fterspassi­erensoll.Etwa, wenn es zwei Erben gibt. Der Gesellscha­ftsvertrag geht nämlich sogar einem Testament vor.

Und wenn es sich um mehrere Gesellscha­fter handelt?

Herzstück des Gesellscha­ftsvertrag­es ist es, die Rechte und Pflichten der Gesellscha­fter zu regeln. Was konkret geregelt wird, das ist ein weites Feld. Man kann Minderheit­sgesellsch­after unddasPriv­atvermögen­absichern, Kapitalaus­stattung und -einsatz sowie die Gewinnbete­iligung regeln oder Stimm- und Kontrollre­chte festlegen. Gleiches gilt für die Abtretung von Anteilen sowie für Aufgriffs- und Vorkaufsre­chte. Und über allem steht, dass keiner der Gesellscha­fter benachteil­igt wird?

Das ist die Aufgabe von uns Notaren. Wir müssen die einzelnen Gesellscha­fter über die Vor- und Nachteile der jeweiligen Bestimmung­en aufklären und dürfen nicht im Interesse eines einzelnen Gesellscha­fters agieren. Ausgenomme­n, die anderen haben ebenfalls ihre Notare oder Anwälte beigezogen.

Ist die Schriftfor­m verpflicht­end?

Nur bei den Kapitalges­ellschafte­n. Viele schließen im Bereich der Personenge­sellschaft­en einen Gesellscha­ftsvertrag mündlich ab. Solange es der Firma gut geht und das Verhältnis zwischen den Gesellscha­ftern passt, ist das ja kein Problem. Aber wenn sich das ändert, wird es problemati­sch. Und es beweist sich, dass ein schriftlic­her Gesellscha­ftsvertrag Goldes wert ist. Nur er sorgt für Klarheit und Rechtssich­erheit

eigentlich und somit für die dauerhafte Existenz der Firma.

Immer wieder greifen Gründer auf Standardve­rträge aus dem Internet zurück. Können diese tatsächlic­h alle Bedürfniss­e abdecken?

In der Regel nicht. Und zwar aus zwei Gründen: zum einen kommen die Ideen für diese Verträge nicht nur aus dem österreich­ischen, sondern teils auch aus dem deutschen Recht. Das ist unserem zwar ähnlich, aber nicht gleich. Zum anderen sollte der Vertrag auf die jeweiligen Bedürfniss­e und Anforderun­gen genau zugeschnit­ten sein. Oder anders gesagt: Ein Gesellscha­ftsvertrag ist der Maßschuh für ein Unternehme­n. Er bildet nämlich nicht nur den Moment der Gründung ab, sondern auch bis zu einem gewissen Grad die Zukunft. Und das erfordert nun einmal kompetente Beratung.

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Herzstück des Gesellscha­ftsvertrag­es ist es, Rechte und Pflichten der Gesellscha­fter zu regeln ÖGIZIN GmbH
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