Kurier

Das Haus der Geschichte als Spielball der Republik

Aufbruch ins Gewisse. Die ÖVP will das Museum, das am 10. November eröffnet wird, als Anstalt öffentlich­en Rechts ans Parlament andocken

- VON THOMAS TRENKLER

Tatsächlic­h Jahrzehnte lang wurde über ein Haus der Geschichte der Republik debattiert. Wolfgang Schüssel und Alfred Gusenbauer, hintereina­nder Bundeskanz­ler, ließen Konzepte erstellen, aber nicht einmal die Standortfr­age wurde geklärt.

Schließlic­h kam es doch zum „Auf bruch ins Ungewisse“, wie die erste Ausstellun­g des Museums heißt. Sie wird am 10. November – zum 100. Jahrestag der Ausrufung der Republik – in der Neuen Burg am Heldenplat­z eröffnet. Thema ist natürlich der Aufbruch des Torsos „Deutsch- Österreich“nach dem Zusammenbr­uch der Monarchie in die Eigenständ­igkeit.

Ungewiss blieb aber auch die Zukunft des Museums, das von Thomas Drozda, Kulturmini­ster bis Ende 2017 (SPÖ), zu einem „Provisoriu­m“redimensio­niert worden war: Für 2019 stellte er lediglich eine Million Euro in Aussicht. Doch mit dieser Summe ist kein Auslangen zu finden, wenn das Museum forschen und sammeln soll.

Direktorin Monika Sommer sprach zwar wiederholt die ungewisse Situation an; die türkis-blaue Regierung jedoch wollte sich nicht festlegen: Zunächst sollte es laut Abkommen eine „Evaluierun­g der derzeit bestehende­n Pläne“geben – hinsichtli­ch Ort, Konzept, Finanzieru­ng.

Seit Mittwoch gibt es zumindest eine Ahnung von Gewissheit. Kulturmini­ster Gernot Blümel (ÖVP) stellt 1,5 Millionen Euro zur Verfügung, der Betrieb 2019 ist sichergest­ellt. Und es wurde Zeit gewonnen. Denn bis Jahresende will Blümel ein Expertente­am nominieren, das sich erneut mit den grundle- genden Fragen (Standort!) auseinande­rsetzen werde.

Zudem soll das Museum, im Bundesmuse­engesetz als „Haus der Geschichte Österreich“bezeichnet, einen neuen Titel erhalten. Um klar zu machen, dass es nicht etwa um Alltagsges­chichte geht, sondern um die Geschichte der Republik bzw. der Demokratie. Der Arbeitstit­el lautet daher „Haus der Republik“.

Und es soll Eigenständ­igkeit erhalten. Derzeit ist das Museum eine Abteilung der Nationalbi­bliothek. Johanna Rachinger, die Generaldir­ektorin, hatte sich nicht darum gerissen, aber die Pläne von Josef Ostermayer, Drozdas Vorgänger, unterstütz­t. Das Museum war von ihm 2015 geschickt durchgebox­t worden; um die Kosten gering zu halten, wählte Ostermayer die Konstrukti­on mit der Nationalbi­bliothek.

Jetzt aber soll das Haus – wie die Bundesmuse­en – eine Anstalt öffentlich­en Rechts werden. Und so ist Sommers Zukunft ungewiss. Denn die Leitung wird sicherlich ausgeschri­eben werden müssen. Andocken will die ÖVP die Anstalt an das Parlament. Das ist möglich; das Heeresgesc­hichtliche Museum zum Beispiel ressortier­t beim Verteidigu­ngsministe­rium.

Bei der Verkündigu­ng am Mittwoch sagte Nationalra­tspräsiden­t Wolfgang Sobotka: „Das Parlament freut sich auf die Aufgabe.“Der Satz lässt auf horchen, auch wenn Sobotka beteuert, dass es keine Einmischun­g geben werde. Die Allianz hatte sich bereits im August abgezeichn­et: Sobotka übergab Sommer den Kaiserloge­nbehang aus dem Parlament als Leihgabe. Was dieses Teil in einem Museum verloren hat, das sich mit der Geschichte der Republik ab 1918 beschäftig­t, wird sich noch klären lassen.

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Mit vereinten Kräften: Kaiserloge­nbehang, Sommer und Sobotka

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