Karl Habsburg, Kaiser-Enkel
100 Jahre nach dem Untergang der Monarchie. KaiserenkelKarl Habsburgwill seine Familie „nicht von jeder Schuld freisprechen“. Er erinnert sich an seine Großmutter Zita und seinenVater OttoHabsburg. Und er verrät, dass er erst vorwenigenTagen gerichtlich v
Er will seine Familie „nicht von jeder Schuld freisprechen“, verrät Karl Habsburg Georg Markus.
KURIER: Vor 100 Jahren, am 11. November 1918, hat ihr Großvater, Kaiser Karl, auf „jeden Anteil an den Staatsgeschäften“verzichtet. Das war wohl der bitterste Tag in der Geschichte des Hauses Habsburg?
Karl Habsburg: Natürlich war es ein dramatischer Schritt, weil das etwas nie Dagewesenes war, man musste auf die politischen Aktivitäten verzichten. Es gab noch einige Aussichten darauf, etwas zu retten, was sich dannabernicht realisieren ließ.
Ihre Großmutter, Kaiserin Zita, war die Kronzeugin des Untergangs der Donaumonarchie. Was hat sie Ihnen über die Novembertage 1918 erzählt?
Meine Großmutter hat ihre Funktion aus religiösen Gründen als etwas gesehen, das man nicht aufgeben kann, man war Kaiser von Gottes Gnaden. Sie selbst hatte ja keine Regierungsfunktion und kein Amt inne und konnte daher nicht auf etwas verzichten, das sie nicht übernommenhat. Sie hat sich bis an ihr Lebensende als Kaiserin gesehen? Selbstverständlich, sie hat ihre Funktion nie abgegeben. Für Ihren Vater, Otto Habsburg, muss es traumatisch gewesen sein, nach 600-jähriger Habsburger-Herrschaft der erste Thronfolger zu sein, der nicht Regent wurde? Mein Vaterwar ein politischer Realist. InderZeitdesExilsstandimmer noch die Erziehung als Thronfolger im Vordergrund. Später hat er sich ganzauf die europäischeFragekonzentriert. Ich konnte bei ihm keine Traumatisierung feststellen, er war jemand, der in seinerÜberzeugung in sichgeruht hat.
Woran ist die Monarchie Ihrer Meinung nach zerbrochen?
Der Nationalismus hat dazu geführt, dass Europa zu eng wurde. DashatmanvordemErstenundvor dem ZweitenWeltkrieg erlebt, und manerkennt es auchheutewieder.
Hätte das Haus Habsburg nicht die Möglichkeit gehabt, die Nationalitätenkonflikte, aber auch die Massenarmut zu bekämpfen? Und vor allem: den Krieg zu verhindern?
Ich will die Familie nicht von jeder Schuld freisprechen, das wäre historisch falsch. Ich glaube aber, dass dieFamilieundKaiserFranzJoseph dazu beigetragen haben, Reformen einzuleiten. Aber die Umsetzung dauerte extrem lange. Erzherzog Franz Ferdinand hat den Ausgleich mit den slawischen Völkern vorbereitet, docheskamdannleidernicht mehr dazu, weil der Krieg im Vordergrundstand. Ihre Großmutter und auch ihr Vater haben gesagt, Kaiser Karl hätte die Kriegserklärung nicht unterschrieben, wäre er 1914 bereits an der Macht gewesen? Ich bin überzeugt davon, dass das stimmt. Sein Leben wurde im Zuge des Seligsprechungs prozesses sehr genau untersucht. Dabei hat auch die Abwendung vom Krieg eine große Rolle gespielt. Er hat sich auch, als er dann Kaiserwar, sehrumden Frieden bemüht. Aber mit den deutschen Bundesgenossen war das in dieserFormnicht möglich.
Wenn es so ist, lag der Fehler wohl bei Kaiser Franz Joseph, der in den Krieg gezogen ist?
Ich will Kaiser Franz Joseph nicht alle Fehler zuspielen. Wenn der Krieg damals als Konsequenz von Sarajewo nicht angefangen hätte, dann hätte er mit einer anderen Begründung angefangen. Die Situation war schon so, dass der Krieg unausweichlichwar.
Können Sie sich erklären, warum Kaiser Franz Joseph heute noch so populär ist, obwohl ihn zumindest eine Teilschuld am Ersten Weltkrieg trifft? Für mich hat er genauso viel Schuld wie alle anderen Staatschefs damals auch. Dasser so langeregierthat, hat zu einer Mystifizierung geführt. Er hat irgendwie den Bonus des Allgegenwärtigen. So kann man diese Bewunderungfür ihn erklären.
Warum wurde Kaiser Karl 2004 im Vatikan selig gesprochen?
Ichfinde dasKonzept sehr schön, es bedeutet, dass die Kirche einen Menschen ehrt, der sich zeitlebens besonders vorbildhaft verhalten und wie in diesem Fallumden Friedengerungen hat.
Die Kaiser-Karl-Gebetsliga setzt sich jetzt auch für seine Heiligsprechung ein. Unterstützen Sie die Bemühungen? Natürlich. Es wäre ja erstaunlich, wenn ich als Katholik und Enkel nicht dafürwäre.
Mittlerweile wurde auch ein Seligsprechungsverfahren für Kaiserin Zita eingeleitet.