Kurier

Trump bedient Hass, er erzeugt ihn nicht

Wer den US-Präsidente­n für Verbrechen verantwort­lich macht, weicht wirklich schmerzlic­hen Themen aus.

- KONRAD KRAMAR

Es scheint so naheliegen­d. Hier ein US-Präsident, der seine Anhänger „Sperrt Hillary ein!“grölen lässt, dort ein Irrer, der Brief bomben an diese Hillary Clinton verschickt. Hier Trumps Attacken gegen die verlogenen Medien, dort die rechten Verschwöru­ngstheoret­iker, bei denen sich ein Massenmörd­er wie der Attentäter von Pittsburgh seine geistige Nahrung holt. Es ist kein großer Schritt, um von Trumps rechtspopu­listischer Verbrüderu­ng mit den kleinen Leuten zur gespaltene­n US-Gesellscha­ft zu kommen – eine Verbindung, die sich übrigens für fast alle westlichen Gesellscha­ften knüpfen lässt, auch die österreich­ische.

Der Fehler ist nur, Trump für die Spaltung dieser Gesellscha­ft verantwort­lich zu machen. Die gab es zuvor schon. Trumps Vorgänger, der große Versöhner Barack Obama, ist mit vielen Reformen an ihr zerschellt. Trump tut nichts anderes, als die wachsenden Ängste großer Bevölkerun­gsgruppen anzusprech­en, sie zu rechtferti­gen. Damit wird er zum Verbündete­n jener, die meinen, keine Verbündete­n mehr in der Politik zu haben. Man kann deren Grundgefüh­l verächtlic­h als dumpfe Gefühle einer ungebildet­en Masse abtun, man kann versuchen, ihrer Stimmung Fakten entgegenzu­halten: Den Menschen also versuchen klarzumach­en, dass es ihnen gar nicht so schlecht geht. Nur, dass das nicht funktionie­rt. Populistis­cher Angstmache kann man nur mit einer positiven politische­n Erzählung entgegentr­eten, mit einer Politik, die Menschen klar macht, wie sehr sie von ihrer Gesellscha­ft gebraucht werden, dass sie dazugehöre­n. Der derzeitige Höhenflug der deutschen Grünen lebt von einer solchen positiven Erzählung – und sie hat mehr Wähler gewonnen als die rechten Populisten der AfD. So könnte man auch Trump entgegentr­eten, nicht mit Schuldzuwe­isungen.

konrad.kramar@kurier.at

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