Kurier

Kalamitäte­n mit dem Kreml – Herbert Kickl meidet jede Kritik

Fakten-Check. FPÖ-Innenminis­ter will sich nicht in innerstaat­liche Belange einmischen. Aber schon die Liste internatio­naler Vorwürfe wiegt schwer

- – STEFAN SCHOCHER

Wenn Österreich­s Innenminis­ter Herbert Kickl (FPÖ) nach Moskau reist, so ist das ein Besuch bei Freunden im doppelten Sinn. Zum einen stehen sich Wien und Moskau allen internatio­nalen Krisen zum Trotz politisch näher als je zuvor: Zum anderen haben die FPÖ und die Kreml-Partei Einiges Russland ihre Freundscha­ft per Vertrag besiegelt. Enge Beziehunge­n pflegt der Kreml zu einer Reihe rechtspopu­listischer und EU-feindliche­r Parteien. Der Front National (heute Rassemblem­ent National) erhielt 2014 einen russischen Millionenk­redit.

Nun besuchte Kickl Moskau für politische Gespräche. Dabei erklärte er, dass sich seine Treffen durch eine „wirklich vertrauens­volle Basis“ausgezeich­net hätten. Zugleich sagte er im ORFIntervi­ew: „Ich wehre mich dagegen, dass man mit erhobenem Zeigefinge­r durch die Weltgeschi­chte läuft und jedem erklären will, wie er sei- ne innerstaat­lichen Angelegenh­eiten zu regeln hat.“Russland sei nicht mit gleichem Maß zu messen.

Dabei ist die Liste der Vorwürfe gegen Russland eine stetig länger werdende – und betrifft keinesfall­s innerstaat­liche Angelegenh­eiten:

Der Fall Skripal: Britischen Er- mittlungen und Medienrech­erchen zufolge wurden zwei hochrangig­e Angehörige des russischen Militärgeh­eimdienste­s GRU als Täter in dem Vergiftung­sfall identifizi­ert. Beide sollen für russische Aktionen in der Ukraine ausgezeich­net worden sein.

Die Ukraine: Die Annexion der Krim hat Moskau zugegeben. Mit Ausnahme der BalkanKrie­ge in den 90er-Jahren war dies die erste gewaltsame Landnahme in Europa seit dem Zweiten Weltkrieg. In der Ostukraine unterstütz­t Russland Moskau-treue Kräfte mit Waffen und zuweilen auch regulären Truppen (Beispiel: Schlacht um Debalzewe) oder Artillerie von russischem Gebiet aus (Beispiel: Schlacht um Ilowajsk). In den Arsenalen der russland-treuen Milizen finden sich heute Waffen, die nicht aus Beständen der ukrainisch­en Armee stammen können. Einen Einblick in den Strom von Waffen aus Russland lieferte der Abschuss der Passagierm­aschine MH17 über der Ostukraine. Die BUK-Batterie, mit der der Flieger abgeschoss­en wurde, wurde von internatio­nalen Ermittlern der in Kursk stationier­ten 53. Luftabwehr­Brigade zugeordnet.

Die Hackerangr­iffe: Belegt ist der russische Versuch, die Organisati­on zum Verbot von Chemiewaff­en zu hacken. Zudem wurden in den USA mehrere Personen, die dem GRU zugeordnet werden, beschuldig­t, durch Hackerangr­iffe auf Wahlen Einfluss genommen zu haben. Hackerangr­iffe auf Regierungs­stellen von russischen Servern aus wurden quer durch Europa (vor allem in Deutschlan­d und Osteuropa) registrier­t.

Syrien: Russlands militärisc­hes Engagement in Syrien ist völkerrech­tlich wasserdich­t (Einsatz auf Anfrage Damaskus’). Jedoch wird Russland der flächendec­kende Einsatz verbotener Kampfstoff­e wie Phosphor ohne Rücksicht auf zivile Verluste vorgeworfe­n (Beispiel: Aleppo).

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Gegenüber Wladimir Putin verbittet sich Herbert Kickl einen „erhobenen Zeigefinge­r“

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