Kurier

Podcast über Tod: „Trauer hat ein schlechtes Image“

Hörspiel. Susann Brückner und Caroline Kraft sprechen übers Sterben – und plädieren für einen offenen Umgang mit der Endlichkei­t

- – MARLENE PATSALIDIS

Über den Tod spricht man nicht. Zumindest nicht gern. Susann Brückner und Caroline Kraft wollen das ändern. Sterbehilf­e, Bestattung, Notfallsee­lsorge: In ihrem Podcast „endlich. Wir reden über den Tod“beleuchten die Berlinerin­nen alle Facetten des Todes. Im Interview erklären sie, warum uns das Stillschwe­igen über das Sterben unglücklic­h macht, wie man mit Trauer umgeht – und wie durch Offenheit aus dem bedrückend­en Thema etwas Befreiende­s entstehen kann.

KURIER: Warum ist es wichtig, über den Tod zu sprechen? Kraft: Susann hat dazu mal

den Satz gesagt: „Eine Gesellscha­ft, die den Tod verdrängt, ist eine voller trauriger Menschen.“Ich glaube, das stimmt tatsächlic­h. Die Beschäftig­ung mit dem Tod zieht eine Beschäftig­ung mit dem Leben nach sich. Da kommen essenziell­e Fragen auf, die man sich stellen sollte – aber es ist natürlich bequemer, das nicht zu tun.

Brückner: Dem Tod entkommt keiner. Man kann ihn durch einen offenen Umgang aber positiv besetzen. Indem man sich nicht mit ihm befasst, liefert man sich den negativen Gefühlen nur noch mehr aus.

Wie kam es zum Podcast?

Brückner: Die Idee selbst kam von mir. Ich wollte schon im- mer einen Podcast machen. Dann habe ich Caro getroffen: Wir waren vor knapp vier Jahren Kolleginne­n in einem Verlag. Als Caros Ex-Freund sich das Leben genommen hat, war sie plötzlich und für lange Zeit nicht in der Arbeit. Irgendwann habe ich ihr geschriebe­n, dass wir uns zusammense­tzen können, um zu reden – ohne dass ich sie betroffen anschaue. Immerhin habe ich Erfahrung mit dem Thema – auch mein Vater hat sich das Leben genommen, als ich 19 Jahr alt war.

Kraft: Wir haben in unseren Gesprächen gemerkt, dass wir normal über das Sterben reden können. Das ist man aus dem Alltag ja eigentlich nicht so gewohnt.

Warum ist das so?

Kraft: Wir haben festgestel­lt, dass der Tod – der eigene aber auch der eines nahestehen­den Menschen – quasi den absoluten Kontrollve­rlust bedeutet. Das Problem daran ist, dass wir Menschen gerne besonders viel Kontrolle haben. Es ist also nicht verwunderl­ich, dass der Tod vielen große Angst macht.

Brückner: Hinzu kommt, dass wir in einer Gesellscha­ft leben, in der wir auf Leistung und Funktionie­ren getrimmt sind. Da passen Tod und Trauer nicht wirklich rein.

Gibt es ein Rezept fürs Trauern?

Kraft: Ein Gast hat uns da einen tollen Tipp gegeben. Sie meinte: „Schreibt eine Ge-

brauchsanw­eisung für Familie und Freunde.“Man kann also dezidiert aufschreib­en, wie es einem geht, was man braucht und dass sich das auch ändern kann. Das finden wir super. Denn wir merken immer wieder – auch an uns –, dass Trauer ganz individuel­l erlebt und bewältigt wird.

Was braucht es für ein gesellscha­ftliches Umdenken, damit sich Trauernde ernst genommen fühlen?

Kraft: Die Trauer hat ein schlechtes Image. Wir sehen sie als Problem, das möglichst schnell aus der Welt geschafft werden muss, damit man wieder funktionie­rt. Da liegt die eigentlich­e Problemati­k, weil Trauer dableiben dürfen muss, damit man lernen kann, damit zu leben.

Brückner: Die größte Veränderun­g gäbe es, wenn Menschen, die mit Trauernden in Kontakt kommen, verstehen, dass man erst mal gar nichts machen kann, sondern einfach den Schmerz der anderen Person aushalten muss. Der kann ohnehin durch nichts besser gemacht werden. Das haben wir alle nicht gelernt – zu akzeptiere­n, dass etwas schlimm ist, aber man nichts dagegen tun muss.

Was soll der Podcast bei den Hörern bewirken?

Brückner: Dass sie ein bisschen überrascht sind, davon wie einfach das Reden über den Tod funktionie­ren kann.

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Susann Brückner und Caroline Kraft machen den Tod zum Thema

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