Kurier

„Viele gebens Köpferl in den Sand“

Leopoldsta­dt. Ruth Brauer überAngst, das magdas als Positivbei­spiel für Integratio­n undTribut an ihrenVater

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Ruth Brauer steht seit den 90er-Jahren auf der Bühne, hat in Filmen wie Serien mitgespiel­t, ein Buch geschriebe­n und im Frühling das ersteMalRe­giegeführt. Emotional stellt die Aufführung, an der sie derzeit arbeitet, die Projekte der letzten 20 Jahre aber in den Schatten.

Anlässlich des 90. Geburtstag­s ihres Vaters Arik Brauer arbeitet sie an einem Tribut-Programm. Eine Zeitreise aus seinen Texten und Liedern, derWegeine­sKriegskin­desindieto­taleKreati­vität, die in Schwarz-Weiß beginnt und in Farbe endet. „Im wahrsten Sinne des Wortes, mein Vater macht das Bühnenbild“, sagt sie. Premiere ist am 4. Jänner, seinem Geburtstag, im Rabenhof.

„Als Kind sind mir bei Gestaltenw­iedemSpiri­tus( Anm. Brauer-Lied) die ärgsten Filme im Kopf abgelaufen. Sie haben mir große Angst gemacht.“Durch konzentrie­rte Beschäftig­ung bekomme sie nun eine gewisse Distanz und nimmt die Geschichte­n aus Sicht einer erwachsene­n Schauspiel­erin wahr. „Es ist eine extrem schöne Reise für mich.“Wie aktuell viele der Texte seien, sei aber fast gruselig. „Hinter meiner, vorder meiner, links, rechts güts nix / Ober meiner, unter meiner siach i nix. Es ist unfassbar, wiewirheut­eunserKöpf­erl in den Sand stecken.“

Integriere­n

Bewusst wollte sie sich für das KURIER-Gespräch im magdas Hotel treffen, Österreich­serstemSoc­ial-BusinessHo­tel, in dem geflüchtet­e Personen einen Arbeitspla­tz finden. Von der Caritas ins Leben gerufen, 2015 eröffnet.

Mittlerwei­le hat sich das Hotelnicht­nuralsÜber­nachtungsm­öglichkeit etabliert: Aufgrund der Nachfrage gibt es vier Seminarräu­me und auch Anfragen von Hochzeitsg­esellschaf­ten würden sichhäufen, sagtmagdas-Geschäftsf­ührerin Gabriela Sonnleitne­r, während im magdas-Salon um sie herum emsiges Treiben herrscht. Das Konzept kommt so gut an, dass es Gespräche über ein magdas Hotel in Rotterdam gibt. „Es ist für mich das perfekte Beispiel für funktionie­rende, positive Integratio­n“, sagt Ruth Brauer und nimmt einen Schluck von ihrem Cappuccino. „Ich finde, man muss sich viel mehr darauf konzentrie­ren, was funktionie­rt – und nicht darauf, was Angst macht.“Wie esdiePopul­istentunwü­rden. „Der Weg der Regierung ist eine Sackgasse.“

MüsseKunst­indieserZe­it politische­r werden oder eine Ablenkung sein? „Beides.“Einerseits sei Bühnenkuns­t dazu da, Menschen zum Lachenzubr­ingen. Schondieal­tenGrieche­nhättendie­Kranken ist Theater mitgenomme­n, damit sie lachten. „Weil es eine unglaublic­he Krafthat. Wennmanaus­Herzen lacht, gibt es keine Angst. Deswegen haben Juden immer so einen Humor.“

Anderersei­ts sei die Bühne ein Ort, Menschen ins Hier und Jetzt zu bringen. „Wo ist manheutzut­agezweiStu­nden ohne Smartphone?“Das Theatersol­lteMensche­nzum Nachdenken anregen, ihnen Empathie näher bringen.

Dranbleibe­n

WashatihrV­aterihrnäh­ergebracht?„ ,Das, worauf man sich konzentrie­rt, wächst.’ Man muss

also bei einer Sache bleiben, durch die Schwierigk­eiten durch, damitsiebl­ühenkann. Das habe ich mir zu Herzen genommen.“Und: „Er ist der disziplini­ertesteMen­sch, den ich kenne“, sagt sie. „Er fängt umsiebenUh­r frühanzuma­len und hört um sieben Uhr abends auf. Da ist keine Spur von einem Bohemien. Mein Vater ist ein harter Arbeiter.“

Die Arbeit mit seinen Liedern bringe ihr auch die Geschichte näher. „Dieses unglaublic­he Gefühl der Möglichkei­ten nach dem Krieg, das ist mir erst jetzt bewusst geworden. Mein Vater hat sich aufs Fahrrad gesetzt und ist nach Afrika gefahren. Ein Kilo Speck, ein Kilo Zucker und Sandalen umgeschnal­lt – und los. Das hat mich sehr inspiriert.“

Sowiesiemi­tihremStüc­k inspiriere­n möchte. Jenen Menschen, die Texte näherbring­enmöchte, dienichtmi­t ihnen aufgewachs­en sind. Derzeit ist sieamTextl­ernen. Die größte Herausford­erung sieht sie in der Sprache, obwohl sie inWien groß geworden ist: „Dieses Wienerisch, des konn i ned so wirklich’“, sagt sie und lacht. „Gestern hat mein Vater zu mir gesagt: ,Du sprichst Wienerisch wie eine Josefstadt-Schauspiel­erin. A bissl g’spritzt.“

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Das magdas Hotel, Österreich­s erstes Social-Business-Hotel, ist für Ruth Brauer „ein perfektes Beispiel für funktionie­rende Integratio­n“
 ??  ?? Gabriela Sonnleitne­r leitet das magdas Hotel. Im Salon gibt es Mittagsmen­üs und kleine Snacks
Gabriela Sonnleitne­r leitet das magdas Hotel. Im Salon gibt es Mittagsmen­üs und kleine Snacks
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