Kurier

Das traut uns keiner zu

Widows – Tödliche Witwen. Viola Davis nimmt Rache in Steve McQueens famosem Thriller

- VON ALEXANDRA SEIBEL

. Widows – Tödliche Witwen. Der Ehemann ist tot. Wie sah die letzte Begegnung mit ihm aus? Ein leidenscha­ftlicher Kuss? Eine Streiterei über Geld? Ein blaues Auge, das sich nur mühsam mit Schminke überdecken ließ?

Wie auch immer. Tatsache ist: Drei Frauen stehen plötzlich alleine da. Ihre kriminelle­n Männer wurden bei einer Explosion in Stücke gerissen. Viel blieb nicht von ihnen übrig, sieht man von einer Zwei-Millionen-DollarSchu­ld ab, die nun die Witwen begleichen müssen.

Vor fünf Jahren beeindruck­te Regisseur Steve McQueen zuletzt mit seinem einschneid­enden Sklavendra­ma „12 Years A Slave“sein Weltpublik­um und erhielt dafür drei Oscars, darunter einen in der Kategorie bester Film. Mit „Widows“stößt der Brite nun erstmals ins Genre-Fach des sogenannte­n Heist-Movies vor und bricht bei der Gelegenhei­t effektvoll ein paar Regeln. Anstatt zügig die Planung und Ausführung eines möglichst spektakulä­ren Raubüberfa­lls à la „Ocean’s Eleven“anzusteuer­n, fächert McQueen ein fasziniere­nd weites Sozialspek­trum in der South Side von Chicago auf, in dem sich weiße und schwarze Lokalpolit­iker üble Machtkämpf­e liefern.

Gleichzeit­ig stellt er drei Frauen in den Mittelpunk­t, die einen Racheraubü­berfall planen und dabei weder einen Führersche­in besitzen, noch eine Pistole halten können. Doch wie die Anführerin Veronica zu Recht erkennt, ist gerade diese scheinbare Unfähigkei­t ihre Chance, denn: „Das traut uns keiner zu.“

Tatsächlic­h sehen ihre Komplizinn­en nicht gerade aus wie angehende Gangster- bräute: Die zarte Elizabeth Debicki als blonde Alice steht mit einem Bein in der Prostituti­on, lernt dafür aber schnell , wie man Fluchtauto­s besorgt. Michelle Rodriguez als überforder­te Mutter rundet das kriminelle Trio ab.

Kontrastmi­ttel

Steve McQueen begann seine Karriere als Videokünst­ler und – später – als Documenta-Teilnehmer und ist ein Meister der Inszenieru­ng von (schwarzen) Körpern. Besonders die Schönheit von Viola Davis als Rädelsführ­erin Veronica bringt McQueen zum Leuchten – bevorzugt vor weißem Hintergrun­d, der manchmal beinahe an den Ausstellun­gsraum eines White Cube erinnert. Er hebt ihre dunkle Haut formvollen­det von dem Körper ihres weißen Ehemanns (Liam Neeson) ab oder drückt ihr einen kleinen Hund mit weißem Fell als Kontrastmi­ttel in den Arm.

Überhaupt ist McQueen ein Freund schneller Schnittwec­hsel als auch harter Gegensätze – sowohl was Erzähltemp­o als auch Hautfarbe und Klassensta­tus anbelangt: Stumme Kussszenen wechseln abrupt mit wütenden Pistolensc­hüssen, schäbige Räume der schwarzen Community mit den honorigen Festsälen weißer Politiker. Unter ihnen bilden Colin Farrell und Robert Duvall ein korruptes, weißes VaterSohn-Gespann inmitten eines bildschöne­n Noir.

 ??  ?? Viola Davis (li.) muss die Schulden ihres getöteten Ehemanns begleichen und mit zwei anderen Witwen einen Schnellkur­s in Raubüberfä­llen machen: „Widows“ Drama.
Viola Davis (li.) muss die Schulden ihres getöteten Ehemanns begleichen und mit zwei anderen Witwen einen Schnellkur­s in Raubüberfä­llen machen: „Widows“ Drama.
 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Austria