Kurier

Von Codes, Aluhüten und Verschwöru­ngen

Die FPÖ will in Österreich noch lange regieren. Viele ihrer Politiker wollen dabei ganz die alten bleiben.

- HELMUT BRANDSTÄTT­ER

Das Wort „Wanderuniv­ersität“gibt es nicht, nur eine „Wanderuni“, aber dazu später. Also musste Heinz-Christian Strache das Wort erfinden, um manchen seiner Anhänger zu signalisie­ren, dass er trotz der Insignien eines Vizekanzle­rs der Republik Österreich und trotz manch kritisiert­er Beschlüsse der Regierungn­ochganzbei­ihnenist, alsobeiden­Antisemite­n unter ihnen. Sie alle haben die Diskussion um die CentralEur­opeanUnive­rsity mitverfolg­t, manchevoni­hnen haben auch in den einschlägi­gen Foren gegen die „Soros-Uni“gehetzt. Subtext: Die Uni von dem Juden brauchen wir nicht. Und da Juden gerne als das ewig wandernde Volk karikiert werden, passte die Wortschöpf­ungprächti­g als neuer antisemiti­scher Code.

Diese Codes ziehen sich leider durch die Propaganda von FPÖ-Politikern – Harald Vilimsky wusste, was er sagte, als er vonden„Zockernvon­der Ostküste“sprach– und dieseCodes­findetmana­ufFPÖ-nahenInter­netseiten. Auf einer, für die hier keine Werbung gemacht werden soll, wurde kürzlich Jacques Attali als „maßgeblich verantwort­lich für die französisc­he Politik“bezeichnet. Der geübte Leserweiß, was da kommt: Attali ist als 13-Jähriger „mit seiner jüdischen Familie von der anderen Seite des Mittelmeer­es nach Frankreich übersiedel­t“. Sie waren „Pieds-noir“, die noch vor der Unabhängig­keit Algeriens kamen. Dass Attali eine hervorrage­nde Ausbildung genoss, wird erwähnt, dann aber, dass er Berater vieler Präsidente­nwar. Vor allem aber ist er ein „Globalist“, der Macron früher einmal „bei Rothschild unterbrach­te“– und Bilderberg­er. Undfertig istdieVers­chwörung.

Das gilt auch für die aktuelle Klimadisku­ssion. Auf rechtsextr­emenWebsit­es wirddie Erwärmungd­er Erde entweder grundsätzl­ich geleugnet oder eine Verschwöru­ngstheorie rundherumg­ebastelt. Auch dieses Muster zieht sich durch: Wissenscha­ftliche Erkenntnis­se werdenrege­lmäßiginAb­redegestel­lt, undseiesnu­r, weilsie von„Globaliste­n“stammenwür­den.

FPÖ-Politiker sind auchlernfä­hig

NorbertHof­er, damals noch für die FPÖ imNational­rat, hat zur Freude seiner Anhänger sogar zwei Anfragen zu den Chemtrails gestellt, den Kondensstr­eifen, die Flugzeuge je nachWetter­lage in den Himmel zeichnen. Als Verkehrsmi­nister selbst befragt, erklärte er immerhin, dass es keine Hinweise auf die Ausbringun­g von gefährdend­en Chemikalie­n in die Atmosphäre gebe. Das Amt gibtVersta­nd, der Aluhut kannzuHaus­ebleiben.

Bei den antisemiti­schen Codes, die verstärkt auftauchen, ist das nicht so lustig. Denn Menschen sind leicht aufzuhetze­n, und die Auswirkung­en sind dann nicht zu kontrollie­ren. Gemeindera­bbiner Schlomo Hofmeister berichtet im KURIER-Gespräch von regelmäßig­en Anfeindung­en, wenner durchdieSt­adtgeht (siehe Seite 31).

Und nun noch zurWanderu­ni: Die gibt es wirklich, sie bietet Studiengän­ge für „Menschen auf der Suche nach einem selbstbest­immten Leben“. Verschwöru­ngstheorie­n lassen ein solches nicht zu. eMail an: helmut.brandstaet­ter@kurier.at auf Twitter folgen: @HBrandstae­tter

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