Kurier

Zölle, Staus und neue Bürokratie

Österreich­s Unternehme­n. Mindestens 200 Millionen Euro an Kosten

- – IRMGARD KISCHKO

Ein ungeregelt­er „Chaos-Brexit“ist nun noch ein Stück wahrschein­licher geworden. Sollten sich Ende März tatsächlic­h die Grenzbalke­n zu Großbritan­nien schließen, dürften viele Exportfirm­en in der EU zunächst in Schockstar­re verfallen.

„Wir erwarten für die ersten Wochen nach einem harten Brexit einen Stillstand bei den Ausfuhren ins Vereinigte Königreich“, sagt Christian Mandl, Leiter der EU-Koordinati­on der Wirtschaft­skammer Österreich (WKO), zum KURIER. Erst nach einigen Wochen, wenn klar sei, wie die Grenzforma­litäten ablaufen, werde der Handel wieder in Gang kommen. Kein Wunder, dass Österreich­s Unternehme­n den Brexit unter den zehn wichtigste­n Risiken nennen, wie eine aktuelle Allianz-Umfrage ergab.

Rund 250 rot-weiß-rote Auslandstö­chter gibt es auf der Insel, die an die 40.000 Mitarbeite­r beschäftig­en. Dazu liefern österreich­ische Unternehme­n Waren im Wert von vier Milliarden Euro pro Jahr nach Großbritan­nien. Die Hälfte davon sind Auto-Zulieferun­gen und Maschinen – Sparten, die unter einem harten Brexit wohl besonders zu leiden hätten.

Zwar weiß noch niemand genau, wie hoch die Einfuhrzöl­le sein werden, die die Briten künftig einheben. Anzunehmen sei, dass sie an die EU-Außenzölle angepasst werden. „Und diese Zölle betragen im Kfz-Bereich zehn Prozent“, betont Mandl. Weil andere Waren mit geringeren Zöllen belastet sein dürften, rechnet der Experte mit im Durchschni­tt zwei bis drei Prozent Aufschlag auf österreich­ische Lieferunge­n.

Viele Formulare

Damit ist es aber nicht getan. Denn zu den Zoll-Belastunge­n kommen allerlei weitere Kosten dazu. Die unerfreuli­chsten betreffen die Bürokratie: Allein für Österreich wäre pro Jahr mit 340.000 Zollanmeld­ungen zu rechnen. Das heißt: Formulare ausfüllen, Zollfragen klären, Aufenthalt­sgenehmigu­ngen für Mitarbeite­r einholen. All diese administra­tiven Kosten eingerechn­et, kommt Mandl auf eine Belastung der österreich­ischen Firmen von gut 200 Millionen Euro.

Und dann kommen noch einige Millionen Euro für die verlängert­en Lieferzeit­en dazu. Denn an den wichtigste­n Straßenver­kehrsverbi­ndun- gen wird es wegen der neuen Grenzabfer­tigung zu Dauerstaus kommen. Eine LkwSchlang­e von 27 km werde sich täglich durchs französisc­he Calais quälen.

„Ein Chaos-Brexit schadet allen und nützt niemandem“, kommentier­te WKOChef Harald Mahrer. Bis zur letzten Minute müssten alle Möglichkei­ten genützt werden, diesen zu verhindern.

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Briten in Österreich

Briten, die in Österreich arbeiten, sollen indes auch nach dem EU-Austritt bleiben dürfen. EU-Minister Gernot Blümel kündigte an, dass schon am Mittwoch ein entspreche­nder Ministerra­tsvortrag beschlosse­n werden soll. Auch seitens der britischen Regierung gibt es laut Blümel eine Zusicherun­g, dass alle EU-Bürger, die in Großbritan­nien leben und arbeiten, das auch in Zukunft dürfen.

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Einer Stadt droht Dauerstau: Das französisc­he Calais erwartet bei einem harten Brexit kilometerl­ange LkwSchlang­en

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