AfD: Prüffall für den Verfassungsschutz
Missachtung der Menschenwürde. Die Behörde nimmt die Rechtspartei genauer unter die Lupe
Das Spiel mit der roten Linie, die Verschiebung der Grenzen des Sagbaren ist Teil ihrer Strategie, daraus macht die AfD kein Geheimnis. Nun könnte sie selbst an Grenzen stoßen. Das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) erklärte die Partei bundesweit zum Prüffall. Den Behörden liegen „erste tatsächliche Anhaltspunkte für eine gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung ausgerichtete Politik der AfD vor“, sagte BfVChef Thomas Haldenwang gestern vor der Presse. Eine 1069 Seiten umfassende Materialsammlung mit Erkenntnissen der Landesbehörden für Verfassungsschutz und des Bundesamtes selbst diente als Grundlage. Haldenwang berief sich auf völkisch-nationalistische, muslimfeindliche und andere fremden- und minderheitenfeindliche Aussagen von Funktionären und AfD-Mitgliedern, die mit der Garantie der Menschenwürde unvereinbar seien. Um die Partei mit nachrichtendienstlichen Mitteln zu beobachten, gebe es aber zu wenig verdichtende Punkte. Dennoch werde man sie weiter mit öffentlich zugänglichen Mitteln im Blick haben – und gegebenenfalls als Verdachtsfall einstufen.
Als solchen behandelt die Behörde künftig die Nachwuchsorganisation „Junge Alternative“und den „Flügel“um den Thüringer Landeschef Björn Höcke. Für beide lägen „hinreichend gewichtige Anhaltspunkte“für eine extremistische Bestrebung vor. Die „Junge Alternative“respektiere die Würde des Menschen als obersten Wert im Grundgesetz nicht. Beim Höcke-Flügel nannte der BfV-Chef etwa die Relativierung des historischen Nationalsozialismus als Grund, der sich „wie ein roter Faden“durch Aussagen von Flügel-Vertretern ziehe. Personell hat man neben Höcke alle im Visier, die die „Erfurter Resolution“(rechtskonservativere Ausrichtung, Kooperationen mit Bewegungen wie Pegida) unterschrieben haben, auch Parteichef Gauland gehörte zu den Unterzeichnern. Bei Ver- dachtsfällen könnten Observierungen oder V-Leute eingesetzt werden, dies sei aber „kein Automatismus“, betonte der BfV-Chef. Die AfD kündigte juristische Schritte an.
Rassistischer Tweet
Der sächsische AfD-Bundestagsabgeordnete Jens Maier wurde indes wegen einer rassistischen Twitter-Meldung vom Landgericht Berlin verurteilt (nicht rechtskräftig). Er soll 15.000 Euro Schmerzensgeld an Noah Becker zahlen, berichtet das Magazin Spiegel. Auf Maiers Account war der Sohn der Tennislegende als „kleiner Halbneger“bezeichnet worden.