Statistische Ungerechtigkeit
OeNB-Studie. In Österreich ist Reichtum besonders ungleich verteilt. Das hat jedoch vor allem statistische Gründe.
Auf den ersten Blick scheint alles klar zu sein: In Österreich ist das private Vermögen besonders ungleich verteilt, geht aus einer Studie der Nationalbank (OeNB) hervor. Das reichste Prozent der Haushalte besitzt fast ein Viertel des Vermögens, die obersten 10 Prozent mehr als die restlichen 90 Prozent der Bevölkerung gemeinsam.
Bei einer vertiefenden Analyse bleibt jedoch von der Annahme, hierzulande gehe es sehr ungerecht zu, nicht viel übrig.
Denn wie die OeNB selbst in der Studie ausführt, hätten die Ergebnisse wenig mit der Ungleichheit von Wohlstand zu tun, sondern seien auf drei Faktoren zurückzuführen:
In Österreich gibt es im Europa-Vergleich wenige Haus- und Wohnungseigentümer. Junge Leute können laut OeNB rascher ausziehen und eigene Haushalte gründen als etwa in Ländern wie Italien, wo die Menschen sehr lange bei den Eltern wohnen bleiben und die Haushalte entsprechend größer und vermögender sind. In Wien etwa liege der Anteil der Haushalte mit nur einer Person über 50 Prozent. In der Studie werden die Vermögen der Haushalte miteinander verglichen. Das führe somit zu Verzerrungen.
Je stärker der Sozialstaat, desto unwichtiger das private Vermögen. Vor allem die untere Hälfte in der Vermögensverteilung, die in Österreich sehr wenig Vermögen hat, müsse für die Pension, die Krankenversicherung oder Arbeitslosigkeit kein Vermögen ansparen, was die Vermögensungleichheit vergrößere. Das sei aber nicht das Gleiche wie Ungleichheit beim Wohlstand. So würde sich die Vermögensungleichheit durch einen Abbau
– Haushaltsgrößen – Sozialstaat
des Sozialstaates rechnerisch sogar verringern.
Forderungen gegenüber dem Staat, etwa Pensionsansprüche, die auch zum Wohlstand beitragen, werden im Vergleich nicht berücksichtigt, weil man einen Pensionsanspruch z.B. nicht weitergeben oder vererben kann wie Vermögen.
– Pensionen Reaktionen
Nichtsdestotrotz sehen sich Arbeiterkammer und SPÖ in ihrer Kritik an der Vermögensverteilung bestätigt. Andreas Schieder, SPÖ-Spitzenkandidat für die EU-Wahl, hält die extreme Konzentration der Vermögen für „wirtschaftlich nicht gut und für gesellschaftlich ungesund“.
Die Industriellenvereinigung und der liberale Thinktank Agenda Austria hingegen verweisen darauf, dass die Vermögensverteilung seit der ersten Erhebung 2010 nicht ungleicher geworden sei. „Letztlich entsteht die hohe Ungleichheit dadurch, dass 40 Prozent der Bevölkerung weniger als 50.000 Euro an Vermögen ausweisen“, so Agenda-Ökonom Hanno Lorenz. Dies seien Miethaushalte, die ihr Vermögen vor allem auf der Bank liegen hätten und von der öffentlichen Pension leben würden. „Will man die Ungleichheit reduzieren, gilt es, diesen Haushalten den Vermögensauf bau zu ermöglichen.“