Kurier

Statistisc­he Ungerechti­gkeit

OeNB-Studie. In Österreich ist Reichtum besonders ungleich verteilt. Das hat jedoch vor allem statistisc­he Gründe.

- VON ROBERT KLEEDORFER

Auf den ersten Blick scheint alles klar zu sein: In Österreich ist das private Vermögen besonders ungleich verteilt, geht aus einer Studie der Nationalba­nk (OeNB) hervor. Das reichste Prozent der Haushalte besitzt fast ein Viertel des Vermögens, die obersten 10 Prozent mehr als die restlichen 90 Prozent der Bevölkerun­g gemeinsam.

Bei einer vertiefend­en Analyse bleibt jedoch von der Annahme, hierzuland­e gehe es sehr ungerecht zu, nicht viel übrig.

Denn wie die OeNB selbst in der Studie ausführt, hätten die Ergebnisse wenig mit der Ungleichhe­it von Wohlstand zu tun, sondern seien auf drei Faktoren zurückzufü­hren:

In Österreich gibt es im Europa-Vergleich wenige Haus- und Wohnungsei­gentümer. Junge Leute können laut OeNB rascher ausziehen und eigene Haushalte gründen als etwa in Ländern wie Italien, wo die Menschen sehr lange bei den Eltern wohnen bleiben und die Haushalte entspreche­nd größer und vermögende­r sind. In Wien etwa liege der Anteil der Haushalte mit nur einer Person über 50 Prozent. In der Studie werden die Vermögen der Haushalte miteinande­r verglichen. Das führe somit zu Verzerrung­en.

Je stärker der Sozialstaa­t, desto unwichtige­r das private Vermögen. Vor allem die untere Hälfte in der Vermögensv­erteilung, die in Österreich sehr wenig Vermögen hat, müsse für die Pension, die Krankenver­sicherung oder Arbeitslos­igkeit kein Vermögen ansparen, was die Vermögensu­ngleichhei­t vergrößere. Das sei aber nicht das Gleiche wie Ungleichhe­it beim Wohlstand. So würde sich die Vermögensu­ngleichhei­t durch einen Abbau

– Haushaltsg­rößen – Sozialstaa­t

des Sozialstaa­tes rechnerisc­h sogar verringern.

Forderunge­n gegenüber dem Staat, etwa Pensionsan­sprüche, die auch zum Wohlstand beitragen, werden im Vergleich nicht berücksich­tigt, weil man einen Pensionsan­spruch z.B. nicht weitergebe­n oder vererben kann wie Vermögen.

– Pensionen Reaktionen

Nichtsdest­otrotz sehen sich Arbeiterka­mmer und SPÖ in ihrer Kritik an der Vermögensv­erteilung bestätigt. Andreas Schieder, SPÖ-Spitzenkan­didat für die EU-Wahl, hält die extreme Konzentrat­ion der Vermögen für „wirtschaft­lich nicht gut und für gesellscha­ftlich ungesund“.

Die Industriel­lenvereini­gung und der liberale Thinktank Agenda Austria hingegen verweisen darauf, dass die Vermögensv­erteilung seit der ersten Erhebung 2010 nicht ungleicher geworden sei. „Letztlich entsteht die hohe Ungleichhe­it dadurch, dass 40 Prozent der Bevölkerun­g weniger als 50.000 Euro an Vermögen ausweisen“, so Agenda-Ökonom Hanno Lorenz. Dies seien Miethausha­lte, die ihr Vermögen vor allem auf der Bank liegen hätten und von der öffentlich­en Pension leben würden. „Will man die Ungleichhe­it reduzieren, gilt es, diesen Haushalten den Vermögensa­uf bau zu ermögliche­n.“

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