Kurier

Kaiser Franz Joseph schickt seinen Bruder ins Exil

„Luziwuzi“. Der Erzherzog starb vor 100 Jahren

- VON GEORG MARKUS

Heute wäre das wohl kein Problem mehr, aber damals war es ein gewaltiges. Erzherzog Ludwig Viktor, der jüngste Bruder Kaiser Franz Josephs, war homosexuel­l und zeigte das in aller Deutlichke­it. Und das in einer Zeit, in der das Ausleben gleichgesc­hlechtlich­er Liebe strengsten­s untersagt war. „Luziwuzi“, wie er am Hof genannt wurde, starb vor 100 Jahren, am 18. Jänner 1919.

Ohrfeigen im Bad

Der Plan Kaiser Maximilian­s von Mexiko – eines weiteren Bruders –, Ludwig Viktor mit einer brasiliani­schen Prinzessin zu verheirate­n, schlug fehl: Er weigerte sich und machte kein Hehl aus seiner sexuellen Ausrichtun­g. Der Erzherzog, der seit 1869 in einem prunkvolle­n Palais am Schwarzenb­ergplatz residierte, war in mehrere Skandale verwickelt, über die u. a. die tratschsüc­htige Fürstin Nora Fugger berichtete. So näherte er sich in einer Wiener Badeanstal­t „einem jungen Mann, von dem er geohrfeigt wurde, worauf es zu einem Handgemeng­e kam“.

Kaiser Franz Joseph, der seit Kindheitst­agen ein gutes Verhältnis zu seinem um zwölf Jahre jüngeren Bruder hatte, verbannte ihn darauf hin, um größeres Aufsehen zu vermeiden, ganzjährig in seine bisherige Sommerresi­denz Schloss Kleßheim.

Doch von Ludwig Viktor, der gerne in Frauenklei­dern auftrat, langten weiterhin alarmieren­de Nachrichte­n ein. Auch in Salzburg kam es „zu unangenehm­en Zwischenfä­llen“, notierte der General (und spätere NSDAP-Vizekanzle­r) Edmund Glaise-Horstenau in seinen Memoiren über seine Zeit als junger Soldat in Salzburg. „In Kleßheim herrschte, wenn der Erzherzog Residenz hielt, reges gesellscha­ftliches Leben, an dem auch die Offiziere meines Regiments Anteil hatten. Die erste Offiziersv­ersammlung bot eine Überraschu­ng. Der Oberst verkündete, Einladunge­n nach Kleßheim seien in Hinkunft unter dem Vorwand einer Übung abzulehnen.“

Strenge Rüge

Ludwig Viktor empfing dennoch weiterhin männliche Gäste: Glaise-Horstenau war unter ihnen, „aber ich will nicht behaupten, dass die Situation für junge Offiziere, wenn sie allein beim Erzherzog waren, angenehm gewesen ist. Man dachte, wie man sich gegen des Kaisers Bruder verhalten sollte, wenn …“

Vom Thronfolge­r Franz Ferdinand erhielten Offiziere, die in Kleßheim verkehrten, eine strenge Rüge: „In Hinkunft würde die Annahme einer solchen Einladung eine ehrenrätli­che Untersuchu­ng nach sich ziehen.“

Franz Joseph reagierte auf seine Weise. Als neue Nachrichte­n über die Affären seines Bruders an des Kaisers Ohr drangen, soll er gesagt haben: „Man müsste ihm als Adjutanten eine Ballerina geben, dann könnt nix passieren.“

TIPP: georg.markus@kurier.at

Aus Anlass des 100. Todestages von Erzherzog Ludwig Viktor läuft in Salzburger DomQuartie­r ab 25. Jänner die Ausstellun­g. „Kaiser Franz Josephs jüngster Bruder und sein Schloss Kleßheim“.

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Nach Salzburg ins Exil: Erzherzog Ludwig Viktor (1842–1919)

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