Kaiser Franz Joseph schickt seinen Bruder ins Exil
„Luziwuzi“. Der Erzherzog starb vor 100 Jahren
Heute wäre das wohl kein Problem mehr, aber damals war es ein gewaltiges. Erzherzog Ludwig Viktor, der jüngste Bruder Kaiser Franz Josephs, war homosexuell und zeigte das in aller Deutlichkeit. Und das in einer Zeit, in der das Ausleben gleichgeschlechtlicher Liebe strengstens untersagt war. „Luziwuzi“, wie er am Hof genannt wurde, starb vor 100 Jahren, am 18. Jänner 1919.
Ohrfeigen im Bad
Der Plan Kaiser Maximilians von Mexiko – eines weiteren Bruders –, Ludwig Viktor mit einer brasilianischen Prinzessin zu verheiraten, schlug fehl: Er weigerte sich und machte kein Hehl aus seiner sexuellen Ausrichtung. Der Erzherzog, der seit 1869 in einem prunkvollen Palais am Schwarzenbergplatz residierte, war in mehrere Skandale verwickelt, über die u. a. die tratschsüchtige Fürstin Nora Fugger berichtete. So näherte er sich in einer Wiener Badeanstalt „einem jungen Mann, von dem er geohrfeigt wurde, worauf es zu einem Handgemenge kam“.
Kaiser Franz Joseph, der seit Kindheitstagen ein gutes Verhältnis zu seinem um zwölf Jahre jüngeren Bruder hatte, verbannte ihn darauf hin, um größeres Aufsehen zu vermeiden, ganzjährig in seine bisherige Sommerresidenz Schloss Kleßheim.
Doch von Ludwig Viktor, der gerne in Frauenkleidern auftrat, langten weiterhin alarmierende Nachrichten ein. Auch in Salzburg kam es „zu unangenehmen Zwischenfällen“, notierte der General (und spätere NSDAP-Vizekanzler) Edmund Glaise-Horstenau in seinen Memoiren über seine Zeit als junger Soldat in Salzburg. „In Kleßheim herrschte, wenn der Erzherzog Residenz hielt, reges gesellschaftliches Leben, an dem auch die Offiziere meines Regiments Anteil hatten. Die erste Offiziersversammlung bot eine Überraschung. Der Oberst verkündete, Einladungen nach Kleßheim seien in Hinkunft unter dem Vorwand einer Übung abzulehnen.“
Strenge Rüge
Ludwig Viktor empfing dennoch weiterhin männliche Gäste: Glaise-Horstenau war unter ihnen, „aber ich will nicht behaupten, dass die Situation für junge Offiziere, wenn sie allein beim Erzherzog waren, angenehm gewesen ist. Man dachte, wie man sich gegen des Kaisers Bruder verhalten sollte, wenn …“
Vom Thronfolger Franz Ferdinand erhielten Offiziere, die in Kleßheim verkehrten, eine strenge Rüge: „In Hinkunft würde die Annahme einer solchen Einladung eine ehrenrätliche Untersuchung nach sich ziehen.“
Franz Joseph reagierte auf seine Weise. Als neue Nachrichten über die Affären seines Bruders an des Kaisers Ohr drangen, soll er gesagt haben: „Man müsste ihm als Adjutanten eine Ballerina geben, dann könnt nix passieren.“
TIPP: georg.markus@kurier.at
Aus Anlass des 100. Todestages von Erzherzog Ludwig Viktor läuft in Salzburger DomQuartier ab 25. Jänner die Ausstellung. „Kaiser Franz Josephs jüngster Bruder und sein Schloss Kleßheim“.