Kurier

Bogner-Strauß: „Männer in den Fokus rücken“

Nachgefrag­t. Frauenmini­sterin „erschütter­t“

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„Schon beim ersten Vorfall muss es vor allem für Junge ein Gespräch mit Psychologe­n geben“, sagt Kriminolog­in Katharina Beclin. Beim „normverdeu­tlichenden Gespräch“, das schon jetzt unter anderem bei Stalking angewendet wird, werden die möglichen Folgen für den Täter besprochen. „Bei einer Verurteilu­ng oder Diversion sollte es dann automatisc­h ein Anti-Gewalt-Training geben“, meint die Expertin.

Ein Ansatz, der aktuell auch in der Taskforce Strafrecht von Staatssekr­etärin Karoline Edtstadler (ÖVP) geprüft wird. „Aber so etwas kostet Geld“, ist der Kriminolog­in klar. Auch Eva Schuh, Leiterin des Gewaltschu­tzzentrums Oberösterr­eich, sieht das so: „Es braucht mehr Männerarbe­it“, sagt sie. Täterarbei­t müsse „opferschut­zorientier­t“erfolgen. Besonders, weil die Aggression steige, während die Hemmschwel­le sinke. „Wir stellen fest, dass es auch zunehmend Nachahmung­stäter gibt“, sagt Schuh. Nach einem Mord sinke die Hemmschwel­le gleich noch einmal.

Veraltetes Männerbild

In den eingangs erwähnten Fällen hat laut Soziologin Wiesböck die Gewaltpräv­ention versagt. Problemati­sch sei aber auch das vorherrsch­ende Bild von Männlichke­it. Die Gesellscha­ft würde den Männern nicht zugestehen, verletzlic­h zu sein. „Viele Männer haben nie gelernt, wie man mit Schmerz und Leid umgeht“, sagt Wiesböck. Es sei deshalb höchst an der Zeit, dass sich die Darstellun­g von Männlichke­it in Werbung, Filmen und Medien ändert. Auch Eltern und Bildungsei­nrichtunge­n seien in der Ziehung. Das beginne schon am Spielplatz, wo Mädchen „brav“sein sollen und Buben „schlimm“sein dürfen. Frauenmini­sterin Juliane Bogner-Strauß befand sich am Dienstag in Straßburg im EUParlamen­t, wo Kanzler Sebastian Kurz seine Abschlusse­rklärung zur österreich­ischen EU-Ratspräsid­entschaft hielt (siehe Seite 4). Der KURIER erreichte die Frauenmini­sterin unterwegs.

KURIER: Frau Ministerin, ist Ihre Reaktion auf die waltserie gegen Frauen? Juliane Bogner-Strauß:

Die extreme Häufung an Frauenmord­en im Jänner ist erschütter­nd, und hier herrscht akuter Handlungsb­edarf.

Gibt es aus Ihrer Sicht Gemeinsamk­eiten in diesen Fällen?

Hier muss eine endgültige Auf klärung seitens der Behörden abgewartet werden. Jedoch weisen die Täter im Jänner vermehrt einen patriarcha­lischen Hintergrun­d auf. In den meisten Fällen besteht ein Naheverhäl­tnis zwischen Opfer und Täter.

Was kann die Politik tun? was Ge-

Zum einen stellen wir mehr Mittel für die Prävention­s- und für die Opferarbei­t zur Verfügung. Ebenso ist es wichtig, Auf klärungsar­beit zu leisten, damit Frauen sich rechtzeiti­g an die Beratungss­tellen wenden können. Wichtig ist weiters, dass Frauen wissen, dass es Beratungss­tellen, Frauenhäus­er, Notwohnung­en etc. gibt.

Reicht es, immer nur bei Frauen anzusetzen – muss man nicht auch bei Männern ansetzen?

Ganz besonders in der Prävention müssen vermehrt die Männer in den Fokus gerückt werden, damit es erst gar nicht zu einer Eskalation kommt. Es ist wesentlich, bei Opferschut­z und Täterarbei­t anzusetzen.

Die Behörden sagen immer, ih- nen seien die Hände gebunden, bevor jemand nicht verurteilt ist. Kann man nicht dennoch vorher einschreit­en?

Wir sollten alle Möglichkei­ten prüfen, um den Behörden die Arbeit leichter zu machen sowie die Zusammenar­beit zu stärken. Dennoch verfügen wir in Österreich über eine breite Palette an Maßnahmen wie das Gewaltschu­tzgesetz, Betretungs­verbot, die einstweili­ge Verfügung, Notwohnung­en und eine 24-Stunden-Helpline.

Was halten Sie von Psychologi­estunden für gewaltbere­ite Männer? So wie es das bei Verkehrsve­rgehen auch gibt?

Dies ist definitiv zu überlegen.

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Bogner-Strauß: Psychologe­n für gewaltbere­ite Männer

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