Kurier

Reden über Gott und die Welt

Bildung. Am KURIER-Teenagerta­g diskutiert­en Schüler, wie der geplante Ethikunter­richt aussehen sollte

- VON ELLEN BERNER UND MANUELA FEIGL

Ethikunter­richt für alle, die sich von Religion abmelden – das ist der Plan von Bildungsmi­nisterin Heinz Faßmann. Eine gute Idee? Was halten die jungen Menschen davon, die derzeit noch im Religionsu­nterricht sitzen und an deren Schulen es das Fach Ethik noch nicht gibt?

Sechs Schülerinn­en und Schüler der HAK Horn haben beim KURIER-Teenagerta­g über diese Frage diskutiert. In einem Punkt waren sich alle schnell einig: Sie würden einen Ethikunter­richt bevorzugen, der für alle verpflicht­end ist, Religion sollte stattdesse­n ein Freifach sein. Schülerin Katharina Stöckl begründet ihre Meinung so: „Ich finde es gut, wenn man von klein auf über viele Religionen und Weltanscha­uungen Bescheid weiß.“

Mit ihrem jetzigen Religionsu­nterricht ist Katharina Stöckl nicht unzufriede­n, genauso wie ihre Mitschüler. Was ihnen dort gefällt: „Wir werden unter anderem dazu angeregt, über Themen zu diskutiere­n“, sagt Jan Schlegel und nennt ein Beispiel, wie die Lehrerin Schüler zum Denken anregt: „Wir haben über die Würde des Menschen geredet. Die Professori­n hat darauf hin eine Schülerin gefragt, wer mehr Würde hat – die Lehrerin oder ein Schüler.“

Aufgrund dieser einfachen Frage begann die Klasse, über das Thema nachzudenk­en. Genau dieses Nachdenken und das begründete Argumentie­ren sollen in einem guten Ethikunter­richt trainiert werden, meint Michael Jahn, der Didaktik der Ethik an der Uni Wien unterricht­et und früher Direktor des BORG Hegelgasse 12 war. Dort hat er das Fach im Jahr 1997 als Schulversu­ch eingeführt.

„Damals hatten sich mehr als die Hälfte der Schüler von Religion abgemeldet“, erinnert er sich. Nachsatz: „Das Kaffeehaus war doch zu verlockend.“In ganz Wien hat sich laut Schulamt der Erzdiözese gut ein Fünftel vom katholisch­en Religionsu­nterricht abgemeldet. Simon Wese Schüler Katharina Stöckl Schülerin

Als Konsequenz wurde in der Hegelgasse das Fach „Kultur, Ethik, Religion“für all jene verpflicht­end eingeführt, die in keinem Religionsu­nterricht saßen.

Und was soll in Ethik vermittelt werden? „Wir sollten über Werte reden“, findet HAK-Schüler Jan Schlegel. „Also über das Zusammenle­ben, wobei es auch um scheinbar einfache Dinge wie Manieren und Höflichkei­t geht.“Sein Schulfreun­d Dorian Bauer fände es gut, wenn „man sich mit den Weltreligi­onen beschäftig­t. Das hilft, Vorurteile abzubauen, und gehört zur Allgemeinb­ildung.“In der Hegelgasse ist genau das passiert, berichtet Jahn: „Wir haben Kultur und Religion verknüpft, z. B. über das indische Kastenwese­n, den Hinduismus und die Rolle der Frau diskutiert und wie das zusammenhä­ngt.“

Der Sinn des Lebens

Doch es soll nicht nur um andere Religionen und Weltanscha­uungen gehen. Schülerin Manuela Feigl würde im Fach Ethik über philosophi­sche Themen reden, etwa „Was ist der Sinn des Lebens? Wer bin ich? Woher komme ich? Wie handle ich ethisch korrekt?“. In Ethik wäre die Zeit dafür, findet auch Simon Wese. „Man kann zudem viele Fähigkeite­n trainieren, wie etwa in einer Gruppe gemeinsam ein Thema recherchie­ren und es präsentier­en. In unserem Religionsu­nterricht haben wir genau das gemacht.“

Simon Wese hat auch gefallen, wie sie mit der Religionsl­ehrerin in ein Seniorenhe­im gegangen sind: „Da haben wir soziales Engagement und den Umgang mit älteren Menschen trainiert.“Das kann man aus keinem Schulbuch lernen.

Beim Ethikunter­richt ist es wie beim Religionsu­nterricht: „Der Lehrer macht hier viel aus“, sagt Ellen Berner. „Er kann Allgemeinb­ildung vermitteln und auch zum Denken anregen – über sich selbst, über den Menschen nebenan und über die Welt.“

Am Ende, so Ethik-Professor Jahn, muss es das Ziel sein, „dass die jungen Menschen lernen, anderen zuzuhören, andere Meinungen zu akzeptiere­n und ihre Argumente so zu schärfen, dass sie ihren Standpunkt begründet argumentie­ren können“.

„Man trainiert Fähigkeite­n, etwa in einer Gruppe zu recherchie­ren und zu präsentier­en.“

„Ich finde es gut, wenn man über viele Religionen und Weltanscha­uungen Bescheid weiß.“

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Über die großen Fragen des Lebens philosophi­eren: Dafür sollte in einem neuen Fach genügend Zeit sein, sagen die Schüler
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