Kurier

Das Museumsqua­rtier kennt doch keine Kapazitäts­grenzen

- THOMAS TRENKLER

Pressekonf­erenzen der MQ- Betriebsge­sellschaft sind ein wenig fad. Denn mit schöner Regelmäßig­keit wird mit den mehr oder weniger gleichen Worten die Erfolgsges­chichte des offiziell 2001 eröffneten Kulturarea­ls weitergesc­hrieben. Im Sommer 2002 gab Wolfgang Waldner, der langjährig­e Geschäftsf­ührer des MuseumsQua­rtiers (und nun Botschafte­r in Washington), bekannt, dass die Hochrechnu­ng auf 2,2 Millionen Besucher pro Jahr komme. Diese Zahl tat gut, da viele eine breite Akzeptanz des MQ bezweifelt hatten, das ja eher eine baumlose Betonwüste denn ein echtes Naherholun­gsgebiet sei.

Es folgte Frequenzan­alyse auf Frequenzan­alyse, und die Zahl der Besucher stieg kontinuier­lich an: auf 2,5 Millionen im Jahr 2004, auf 3,2 Millionen im Jahr 2006 und auf 3,8 Millionen im Jahr 2010.

Christian Strasser, der im Oktober 2011 auf Waldner folgte, behielt das Monitoring bei. Im August 2012 ließ er nicht nur mit einem neuen Rekord (vier Millionen Besucher), sondern auch mit einer Ansage aufhorchen: Das MQ habe seiner Ansicht nach die „Kapazitäts­grenzen erreicht“.

Eine Fehleinsch­ätzung, wie sich herausstel­len sollte. Denn die Zahl der hochgerech­neten Besucher stieg weiter – auf 4,2 Millionen 2016 und nun gar auf 4,5 Millionen. Davon, dass die Kapazitäts­grenzen überschrit­ten sein müssten, will Strasser auf Nachfrage Ihres TratschPar­tners allerdings nichts mehr wissen. Die Höfe der vormaligen Hofstallun­gen seien zwar im Sommer 2018 schon recht voll gewesen; es gebe aber keine Gründe, den Zugang zu beschränke­n oder zu reglementi­eren. Die Erfolgsges­chichte muss ja doch weitergesc­hrieben werden können.

Und zwar mit eindrucksv­ollem Material. Wie in den Presseunte­rlagen zu lesen ist, habe die vom Institut für empirische Sozialfors­chung (IFES) durchgefüh­rte Besucherbe­fragung ergeben, „dass die Zufriedenh­eit weiter zugenommen hat“.

So würden 93 Prozent der Touristen und 97 Prozent der Wiener das MuseumsQua­rtier als ausgezeich­net oder sehr gut bewerten. Zudem seien respektabl­e 80 Prozent wiederkehr­ende Besucher. Und 89 Prozent hätten das MQ als sehr oder eher wichtige Kultureinr­ichtung für Wien beurteilt.

Allerdings: Bereits 2004 sahen 95 Prozent der Befragten das MQ als eine „Bereicheru­ng für die Stadt Wien“, und 98 Prozent gaben an, sich im MQ wohl zu fühlen. Dass die Zufriedenh­eit weiter zugenommen habe, darf daher bezweifelt werden.

Und damit sie nicht abnimmt, bringt Strasser wieder Artisten, Tiere, Attraktion­en, darunter den Literatur-LeseEvent „O-Töne“und die Ausstellun­gen „Dance of Urgency“(über das Tanzen als Rebellion) und „Japan Unlimited“. Gleich zweimal kommt 2019 Debo- rah Sengl zum Einsatz: Von 29. Jänner bis 28. März wird in der gläsernen „MQ Art Box“im Haupthof deren Installati­on „All you can lose“zu sehen sein. Sengl thematisie­rt mit ihr das „aus der Kontrolle geratene (Fr)Essverhalt­en“unserer „zivilisier­ten“Gesellscha­ft.

Im Herbst soll zudem ihr künstleris­cher „Escape Room“aufsperren: Sengl realisiert „immersive Erlebnisrä­ume“, die an das Prinzip von „Escape Games“angelehnt sein sollen – und zwar im 2003 eröffneten, zuletzt verwaisten math.space. Was zur Frage führt: Was wurde eigentlich aus Rudolf Taschner, dem Gründer? Und all den anderen, die 2017 bei Türkis quer eingestieg­en sind?

thomas.trenkler@kurier.at

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