Das Museumsquartier kennt doch keine Kapazitätsgrenzen
Pressekonferenzen der MQ- Betriebsgesellschaft sind ein wenig fad. Denn mit schöner Regelmäßigkeit wird mit den mehr oder weniger gleichen Worten die Erfolgsgeschichte des offiziell 2001 eröffneten Kulturareals weitergeschrieben. Im Sommer 2002 gab Wolfgang Waldner, der langjährige Geschäftsführer des MuseumsQuartiers (und nun Botschafter in Washington), bekannt, dass die Hochrechnung auf 2,2 Millionen Besucher pro Jahr komme. Diese Zahl tat gut, da viele eine breite Akzeptanz des MQ bezweifelt hatten, das ja eher eine baumlose Betonwüste denn ein echtes Naherholungsgebiet sei.
Es folgte Frequenzanalyse auf Frequenzanalyse, und die Zahl der Besucher stieg kontinuierlich an: auf 2,5 Millionen im Jahr 2004, auf 3,2 Millionen im Jahr 2006 und auf 3,8 Millionen im Jahr 2010.
Christian Strasser, der im Oktober 2011 auf Waldner folgte, behielt das Monitoring bei. Im August 2012 ließ er nicht nur mit einem neuen Rekord (vier Millionen Besucher), sondern auch mit einer Ansage aufhorchen: Das MQ habe seiner Ansicht nach die „Kapazitätsgrenzen erreicht“.
Eine Fehleinschätzung, wie sich herausstellen sollte. Denn die Zahl der hochgerechneten Besucher stieg weiter – auf 4,2 Millionen 2016 und nun gar auf 4,5 Millionen. Davon, dass die Kapazitätsgrenzen überschritten sein müssten, will Strasser auf Nachfrage Ihres TratschPartners allerdings nichts mehr wissen. Die Höfe der vormaligen Hofstallungen seien zwar im Sommer 2018 schon recht voll gewesen; es gebe aber keine Gründe, den Zugang zu beschränken oder zu reglementieren. Die Erfolgsgeschichte muss ja doch weitergeschrieben werden können.
Und zwar mit eindrucksvollem Material. Wie in den Presseunterlagen zu lesen ist, habe die vom Institut für empirische Sozialforschung (IFES) durchgeführte Besucherbefragung ergeben, „dass die Zufriedenheit weiter zugenommen hat“.
So würden 93 Prozent der Touristen und 97 Prozent der Wiener das MuseumsQuartier als ausgezeichnet oder sehr gut bewerten. Zudem seien respektable 80 Prozent wiederkehrende Besucher. Und 89 Prozent hätten das MQ als sehr oder eher wichtige Kultureinrichtung für Wien beurteilt.
Allerdings: Bereits 2004 sahen 95 Prozent der Befragten das MQ als eine „Bereicherung für die Stadt Wien“, und 98 Prozent gaben an, sich im MQ wohl zu fühlen. Dass die Zufriedenheit weiter zugenommen habe, darf daher bezweifelt werden.
Und damit sie nicht abnimmt, bringt Strasser wieder Artisten, Tiere, Attraktionen, darunter den Literatur-LeseEvent „O-Töne“und die Ausstellungen „Dance of Urgency“(über das Tanzen als Rebellion) und „Japan Unlimited“. Gleich zweimal kommt 2019 Debo- rah Sengl zum Einsatz: Von 29. Jänner bis 28. März wird in der gläsernen „MQ Art Box“im Haupthof deren Installation „All you can lose“zu sehen sein. Sengl thematisiert mit ihr das „aus der Kontrolle geratene (Fr)Essverhalten“unserer „zivilisierten“Gesellschaft.
Im Herbst soll zudem ihr künstlerischer „Escape Room“aufsperren: Sengl realisiert „immersive Erlebnisräume“, die an das Prinzip von „Escape Games“angelehnt sein sollen – und zwar im 2003 eröffneten, zuletzt verwaisten math.space. Was zur Frage führt: Was wurde eigentlich aus Rudolf Taschner, dem Gründer? Und all den anderen, die 2017 bei Türkis quer eingestiegen sind?
thomas.trenkler@kurier.at