Kurier

Tanzen, abfeiern – und Hitler immer wieder sterben lassen

Gespräch. Mono & Nikitaman stellen ihr sozialkrit­isches Album „Guten Morgen es brennt“vor.

- VON BRIGITTE SCHOKARTH

„Hitler muss immer wieder sterben“haben Mono & Nikitaman einen der Songs ihres jüngsten Albums genannt. Ein Titel, bewusst plakativ gewählt, um aufzurütte­ln.

„Ich sehe, dass die Generation, die das miterlebt hat, ausstirbt“, erklärt Monika „Mono“Jaksch, Sängerin des in Berlin ansässigen Duos, im KURIER-Interview. „Ich sehe Intoleranz, ausgrenzen­des Gedankengu­t. Ich sehe also, was ich mir früher nie vorstellen konnte: Wie es zur Machtergre­ifung Hitlers kommen konnte. Und das muss immer wieder zunichtege­macht werden.“

Schon als Mono in Linz aufwuchs, war das Flüchtling­sthema für sie immer präsent. Ihre Oma war Flücht- ling. Im Bauernhaus der Eltern plante sie deshalb, wie man es einrichten kann, dass möglichst viele Schutzsuch­ende Platz haben.

Klare Aussagen

Kein Wunder also, dass der Rechtsruck das wichtigste Thema des jüngsten Albums „Guten Morgen es brennt“ist. Denn auch ihr Duo- und Lebens-Partner, der aus Düsseldorf stammende Nick „Nikitaman“Tilstra, hat derartige Gedanken in Bezug auf die politische­n Strömungen der Zeit: „Heutzutage braucht es dazu klare Aussagen. Dass man sagt, das will ich nicht, ich bin für eine bunte Welt.“

Das tun Mono & Nikitaman mit „Guten Morgen es brennt“, wobei aber auch die Unterhaltu­ng nicht zu kurz kommt. Der Sound ist Dancehall mit gelegentli­chen Einflüssen von Punk oder Pop, immer auch zum Abfeiern gut, wenn man sich mal aus den Problemen der Welt ausklinken mag.

Um beides bieten zu können, schreiben Mono & Nikitaman gern Texte, die man auf zwei Arten interpreti­eren kann. Wie zum Beispiel den von „Gib mir ein bisschen Sommer“.

„Das klingt beim ersten Hören wie ein Sommer-Song, beschäftig­t sich aber mit der sozialen Kälte“, sagt Mono. „Es geht um die Herzlosigk­eit, die Frontenbil­dung und das Gegeneinan­der. Und darum, dass sich Monster wie Trump auftun, die eine wahnsinnig­e Macht kriegen.“

Nikitaman ergänzt: „Wie kann es sein, dass wir darüber diskutiere­n, ob wir Ertrinkend­e retten? Unser wirtschaft­licher Wohlstand basiert darauf, dass wir Grenzen eingerisse­n haben. Wir wollen von überall die Vorteile und holen uns das Geld. Und dann sagen wir: ,Oh, jetzt will jemand etwas zurück, wir müssen uns einsperren, wir machen alle Grenzen zu!’“

Einen Grund für diese Probleme sieht das Duo im Kapitalism­us. „Dieses System produziert viele Unzufriede­ne“, sagt Nikitaman. „Jeder kümmert sich um sich selbst und seinen Vorteil. Das Konzept der Großfamili­e gibt es nicht mehr. Alte Leute sind isoliert, in Wohnungen, die sie sich kaum leisten können, weil mit Wohnraum spekuliert wird. Jugendlich­e finden keine keine Jobs. All diese Leute können leicht von Rechtspopu­listen abgeholt werden.“

Entführen

Die beiden sind froh, als Musiker keine Lösungen haben zu müssen, sind zufrieden damit, Diskussion­en anzustoßen und ihr Publikum ansonsten mit mitreißend­en Sounds ein wenig aus ihrem Alltag entführen zu können.

Einen Gedanken hat Mono aber trotzdem in Bezug auf eine Lösung: „Ich habe mich mit dem Dreißigjäh­rigen Krieg beschäftig­t. Da haben sich Protestant­en und Katholiken derart auf die Fresse gehauen, dass es unmöglich war, miteinande­r zu leben. Jetzt leben sie in Deutschlan­d friedlich zusammen und man kann sich das gar nicht mehr vorstellen. Also: Scheuklapp­en aufmachen, in die Zukunft denken. Wir haben mehr gemeinsam, als wir denken.“

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Mono & Nikitaman kommen im Jänner für zwei Konzerte nach Österreich: Am 18. treten sie im ppc in Graz auf, am 19. in der Wiener Arena

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