Kurier

Aufbegehre­n im Abwärtsstr­udel

Kritik. Mercedes Echerer gibt mit „Tag des Zorns“in der Drachengas­se ihr geglücktes Regiedebüt

- – THOMAS TRENKLER

Erzsébet Fekete ist eine engagierte Krankensch­wester auf einer Frühchenst­ation, wo manche Babies nicht mehr als eine Grapefruit wiegen. Ob der widrigen Arbeitsbed­ingungen organisier­t sie mit einer Kollegin eine Demonstrat­ion, den „Tag des Zorns“, über den landesweit im Fernsehen berichtet wird. Die Solidarisi­erung ist enorm, und die Politik scheint gewillt, die längst geleistete­n Überstunde­n ausbezahle­n zu wollen. Aber nicht nur das: Erzsébet wird, weil sie ein Vorbild sei, vom Minister ausgezeich­net.

Doch die Freude währt nur kurz: In „Tag des Zorns“von Árpád Schilling und Éva Zabezsinsz­kij muss die Erzsé- bet erkennen, in einen Abwärtsstr­udel hineinthea­tert worden zu sein. Denn die Neonatolog­ie wird geschlosse­n. Für die Kollegin, die, wie sich herausstel­lt, ein Verhältnis mit dem Krankenhau­sdirektor hat, verbessert sich die Situation; Erzsébet hingegen verliert ihren geliebten Job.

Im Theater Drachengas­se kämpft Suse Lichtenber­ger eineinhalb Stunden lang mit beeindruck­end natürliche­m, unaufgereg­tem Spiel gegen das Unheil an. Doch andauernd muss ihre Erzsébet, die sich nicht nur um ihre Tochter, sondern auch um ihre kränkliche Mutter kümmern muss, neue Schicksals­schläge einstecken. Sie strotzt zu- nächst vor Optimismus, klammert sich an jeden Strohhalm. Die Ausweglosi­gkeit aber ist vorherbest­immt.

Schauspiel­erin und ExPolitike­rin Mercedes Echerer, die am Dienstag mit der österreich­ischen Erstauffüh­rung von „Tag des Zorns“ihr Regiedebüt gab, macht den Leidensweg dieser Erzsébet erträglich, indem sie heitere Momente und richtig komische Situatione­n einf licht.

Der größte Haufen

Florian Carove beweist sich dabei als Mann für alle Fälle: Er versieht jede seiner MiniRollen persif lierend mit individuel­len Charakterz­ügen. Julia Urban hingegen benö- tigt typgerecht­e Kostüme (von Michaela Wuggenig), um ihre Figuren voneinande­r unterschei­dbar zu machen.

Für pointierte Glanzlicht­er sorgt Babett Arens als besserwiss­erische Mutter, die Erzsébet andauernd Vorwürfe macht und immerzu eine Volksweish­eiten parat hat. Die Erkenntnis, dass der Teufel immer auf den größten Haufen scheiße, hilft aber nicht wirklich weiter. Und wenn sich dann noch Evelyn (Simone Leski) von der typischen Teenagerin in eine junge Frau verwandelt, die dem Luxus frönen will: Dann versteht Erzsébet die Welt nicht mehr.

KURIER-Wertung:

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