Aufbegehren im Abwärtsstrudel
Kritik. Mercedes Echerer gibt mit „Tag des Zorns“in der Drachengasse ihr geglücktes Regiedebüt
Erzsébet Fekete ist eine engagierte Krankenschwester auf einer Frühchenstation, wo manche Babies nicht mehr als eine Grapefruit wiegen. Ob der widrigen Arbeitsbedingungen organisiert sie mit einer Kollegin eine Demonstration, den „Tag des Zorns“, über den landesweit im Fernsehen berichtet wird. Die Solidarisierung ist enorm, und die Politik scheint gewillt, die längst geleisteten Überstunden ausbezahlen zu wollen. Aber nicht nur das: Erzsébet wird, weil sie ein Vorbild sei, vom Minister ausgezeichnet.
Doch die Freude währt nur kurz: In „Tag des Zorns“von Árpád Schilling und Éva Zabezsinszkij muss die Erzsé- bet erkennen, in einen Abwärtsstrudel hineintheatert worden zu sein. Denn die Neonatologie wird geschlossen. Für die Kollegin, die, wie sich herausstellt, ein Verhältnis mit dem Krankenhausdirektor hat, verbessert sich die Situation; Erzsébet hingegen verliert ihren geliebten Job.
Im Theater Drachengasse kämpft Suse Lichtenberger eineinhalb Stunden lang mit beeindruckend natürlichem, unaufgeregtem Spiel gegen das Unheil an. Doch andauernd muss ihre Erzsébet, die sich nicht nur um ihre Tochter, sondern auch um ihre kränkliche Mutter kümmern muss, neue Schicksalsschläge einstecken. Sie strotzt zu- nächst vor Optimismus, klammert sich an jeden Strohhalm. Die Ausweglosigkeit aber ist vorherbestimmt.
Schauspielerin und ExPolitikerin Mercedes Echerer, die am Dienstag mit der österreichischen Erstaufführung von „Tag des Zorns“ihr Regiedebüt gab, macht den Leidensweg dieser Erzsébet erträglich, indem sie heitere Momente und richtig komische Situationen einf licht.
Der größte Haufen
Florian Carove beweist sich dabei als Mann für alle Fälle: Er versieht jede seiner MiniRollen persif lierend mit individuellen Charakterzügen. Julia Urban hingegen benö- tigt typgerechte Kostüme (von Michaela Wuggenig), um ihre Figuren voneinander unterscheidbar zu machen.
Für pointierte Glanzlichter sorgt Babett Arens als besserwisserische Mutter, die Erzsébet andauernd Vorwürfe macht und immerzu eine Volksweisheiten parat hat. Die Erkenntnis, dass der Teufel immer auf den größten Haufen scheiße, hilft aber nicht wirklich weiter. Und wenn sich dann noch Evelyn (Simone Leski) von der typischen Teenagerin in eine junge Frau verwandelt, die dem Luxus frönen will: Dann versteht Erzsébet die Welt nicht mehr.
KURIER-Wertung: