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Auch im Bio-Paradies ist nicht alles rosig

Warum man in Österreich über Lebensmitt­el reden sollte: Drei Thesen zur My then zertrümmer­ung.

- MARTINA SALOMON eMail an: martina.salomon@kurier.at auf Facebook folgen: martina salomon

In den USA ist gerade die längste Budget sperr eder Geschichte beendet. Wir wissen nicht, wie das Brexit-Abenteuer ausgeht, und innenpolit­isch wird über den Primat von Politik und Recht gestritten. Kannmanda über etwas so „Unpolitisc­hes“wie das Essen schreiben? Ja, weil es hochpoliti­sch ist, wer undwas dieWelt ernährt. Aber in Österreich­muss man sich darüber doch eh keine Gedanken machen? Jein. Drei Schlagwort­e, die hinterfrag­ens wert sind:

1.)„ Bio- Europameis­ter Österreich “: Das sind wir bei der Produkt ions fläche tatsächlic­h. Aber beim Einkauf entscheide­t dann doch häufiger der billigere Preis. Daher könnte die ehrenhafte Absicht von Landwirtsc­haftsminis­terinKö st ing erfü reine bessere Lebensmitt­el kennzeichn­ung, auch in verarbeite­ten Produkten, ein Schuss nach hinten sein: Der heimische Handel behauptet, dass dies seine Produkte verteuere. Theoretisc­h könnte es jedoch ein Bewusstsei­n schaffen, dass manz um Beispiel vielmehr („ böse “) Eier aus internatio­naler Käfig haltung (etwa in Keksen oder Nudeln) verspeist, als gedacht. Selbst dann, wen nein fettes„ A“auf der Packung prangt.

Märkte abschotten bringt für alleNachte­ile

2.)„ Regionalit­äti st das neueBio “: Wir, die Europäer, möchten am liebsten die eigenen Märkte umzäunen, doch unsere Lebensmitt­el sollen–bitteschön–am internatio­nalen Markt erfolgreic­h sein. Beispiel Afrika: Der Export von überschüss­igem Billigflei­sch aus der EU hat über Jahre hinweg die Lebensgrun­dlagen lokaler Bauern zerstört. Gleichzeit­ig ist die EU weltweit größter Geldgeber für Entwicklun­gshilfe. Ein Handel auf Augenhöhe wäre besser–übrigens für Afrika und Europa. Ja, der Transport verschlech­tert den ökologisch­en Fuß abdruck afrikanisc­her Trauben im heimischen Supermarkt–doch ihr Kauf hat auch positive Wirkung: Weil es Wirtschaft­swachstum in Regionen erzeugt, aus denen man jetzt noch wegen der tristen wirtschaft­lichen Lage (und der korrupten, lokalenPol­itik) nachEuropa flieht.

3.) „Small is beautiful“: Die Globalisie­rungs- und Technikske­ptiker im „satten“Westen werden mehr. Doch sie übersehen, dass effiziente­re Produktion und Freihandel Hunger und Armutweltw­eit drastisch reduziert haben. Den internatio­nalen Trend zu riesigen Monokultur­en und immer monströser­en Zuchttiere­n darfman dennoch skeptisch betrachten. Aber „small ist beautiful“bedeutet nicht automatisc­h schonender­en Umgang mit Erde und Tier sowie bessere Produkte. Übrigens habenwir Konsumente­n es letztlich selbst in der Hand, wie und was produziert wird. Eine Frage des Geldes ist das meist nicht: Der Anteil der Lebensmitt­el ausgabenam österreich­ischen Haushalt beträgt kaum noch 12 Prozent. Sparen könnten wir beim Fleischkon­sum: Weniger Fleisch nutzt der eigenen Gesundheit und der Umwelt. Neu modisch das Essen( und unsere Befindlich­keiten) zur Ersatz religion hoch stilisiere­n müssen wir hingegen nicht. Noch dazu, wo wir in Wirklichke­it gar nicht so super moralisch sind, wie wir uns gerne sehen.

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