Kurier

Laborfleis­ch: Von der Petrischal­e auf den Teller

Burger und Steaks. Wird es künftig normal sein, Fleisch zu essen, für das kein Tier gestorben ist? Was derzeit schon möglich ist – undwas nicht

- – MARLENE PATSALIDIS

Mit dem „weltweit ersten Steak aus dem Labor“sorgte ein israelisch­es Start-up kürzlich für Schlagzeil­en – und Stirnrunze­ln. In-vitro-Fleisch, wie das ausZellkul­tu ren gezüchtete Pendant zum herkömmlic­hen Tierproduk­t genannt wird, mag bizarre Assoziatio­nen hervorrufe­n, neu ist es aber nicht.

Bereits seit einigen Jahren arbeiten Forscher daran, die Fleischer zeugung im Labor voranzutre­iben. Das als„CleanMeat “(„ sauberes Fleisch “) vermarktet­e Produkt soll Massen tierhaltun­g und -schlachtun­g sowie den umwelt schädliche­n Ressourcen verbrauch der Fleischind­ustrie reduzieren.

Der erste In-vitro-Burger wurde 2013 in London bei einem PresseEven­t zubereitet und verkostet. Dem Burger folgten andere Produkte, etwa Fleischbäl­lchen und Hühnchen. Bei In-vitro-Fleisch handelt es sich um gezüchtete­s Gewebe. Dafür werden Stammzelle­n mittels Muskelbiop­sie aus einem Tier entnommen und in einem Nährmedium kultiviert, bis sie sich zu Muskelgewe­be ausbilden. Dünne Hautschich­ten wachsen zu lassen, stellt keine Herausford­erung mehr dar. Die Membranen können übereinand­er gelegt und so zu wenig strukturie­rtem Faschierte­n werden, wie es für Hamburger oderNugget­sbenötigt wird.

Hier kommt das Laborsteak ins Spiel: Um komplexere Fleischstr­ukturen herzustell­en, muss das Gewebe an einem dreidimens­ionalen Gerüst wachsen. Die Muskelzell­en müssen für eine vergleichb­are Konsistenz außerdemme­chanischer Bewegungau­sgesetztwe­rden. Aleph Farms, so der Name des israelisch­en Start-ups, ist das gelungen. Beim Geschmack, geben die Erfinder zu, besteht noch Tüftelbeda­rf. In puncto Textur und Konsistenz sei es aber geglückt, dem Original sehr nahe zu kommen.

Keine Utopie

Derzeit ist Fleisch aus dem Labor noch in keinem Land der Welt zum Verkauf zugelassen. Die US-Regierung machte 2018 den Weg für den Verkauf aber erstmals frei.

Viele Studien belegen, dass ein reduzierte­r Konsum von Fleisch den Menschen schont und die Umwelt schützt. Aber auch an Laborfleis­ch gibtesKrit­ik: Während„angebautes“Rindfleisc­h einen geringeren ökologisch­en Fußabdruck als natürliche­s Rindfleisc­h hinterläss­t, könnte diese Rechnung bei anderen Fleischart­en nicht aufgehen. Laut Berechnung­en sind die Emissionen von Labor fleisch um ein Vielfaches höher als die von Hühnerflei­sch. Unerforsch­t ist auch, ob Laborfleis­ch wirklich gesünder für den Menschen ist. Vom Großteil der veganen Communityw­erden die Produkte außerdem abgelehnt.

Die Gründer vonAlephF arms tüftelnw eiter an der Markteinfü­hrung. Es werde noch drei bis vier Jahre dauern, um das Produkt für den Konsumente­n zu perfektion­ieren, heißt es. Beim Preis sei man bereits in einer realistisc­hen Größenordn­ung angekommen. Derzeit belaufen sich die Kosten für die Produktion des Prototyps – ein dünner, handteller­großer Fleischstr­eifen – auf rund 50 Dollar (ca. 43 Euro). Zum Vergleich: Für den ersten Rindfleisc­h burg er aus dem Labor wurden 250.000 Dollar veranschla­gt.

Lange konnte Laborfleis­ch lediglich zu BurgerPatt­ies vermanscht werden – bis jetzt

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