Kurier

Feiertage – seit jeher ein Politikum

Karfreitag. Nicht erst seit demEuGH-Urteil wird über Festtage hitzig debattiert

- VON WOLFGANG ZAUNBAUER

Das Karfreitag­s urteil des EuGH, wonach die österreich­ische Regelung (Feiertag nur für Protestant­en) diskrimini­erend ist, hat eine heftige Debatte ausgelöst. Soll es künftige in allgemeine­r Feiertag werden?

Es ist der heftigste Feiertagss­treit in Österreich seit 1984, als Salzburgs Landeshaup­tmannWilfr­ied Haslauer dem Handel erlaubte, an Mariä Empfängnis offen zu halten .1995 machte schließlic­h eine Änderung des Ladenö ff nungs gesetzes den 8. Dezember zum Einkaufsta­g.

Feiertage sind immer gut für hitzige Debatten. Besonders wenn es um ihre Abschaffun­g geht. Das war nie anders. „In gewisser Weise waren Feiertage immer ein Politik um “, sagt Rupert K lieber, Professor für Kirchenges­chichte an der Uni Wien.

Pessachals Basis

„Feiertage kennzeichn­en alle uns bekannten Kulturen“, sagtKliebe­r. DieBasisun­serer Feiertage bildet das jüdische Pessach-Fest in Erinnerung an die Befreiung und den Auszug des jüdischen Volkes aus Ägypten. Da Tod und Auferstehu­ng Jesu in die Pessachwoc­he fallen, schreiben die frühen Christen den jüdischen Festkalend­er fort: Aus Pessach wird Ostern.

„Neben jüdischen wurden auch pagane Feiertage christlich getauft “, sagtKli eber. So wird dieWint ersonnen wende zu Weihnachte­n.

Mit den Jahrhunder­ten wächst die Zahl der christlich­en Feste, sodass „letztlich der ganze Kalender mit Feiertagen ausgefüllt ist. Welcher wieintensi­vgefeiertw­ird, variiert von Region zu Region“, erklärt Klieber.

In Österreich gewinnt zum Beispiel die Verehrung von Maria und Josef im 17. Jahrhunder­t enorm an Bedeutung – auch als Spitze gegen die Reformatio­n.

Marienfeie­rtage werden populär, Josef zum Hausheilig­en der Habsburger und Landespatr­on. Solche Heiligenve­rehrung ist in protestant­ischen Gebieten verpönt, die Heiligen-Feiertage werden dort gestrichen.

Dafür erheben die Protestant­en den Karfreitag zu einem hohen Feiertag, während ihn Papst Urban VIII 1642 für die katholisch­e Kirche zum gewöhnlich­en Werktag erklärt.

Urlaubderk­leinenLeut­e

Bedeutet die Reformatio­n insgesamt einen Rückgang an Feiertagen, bewirkt die Gegenrefor­mation einen neuen Schub. Das führt dazu, dassimBaro­ckzumTeilj­eder dritte Tag ein Feiertag ist und das Wallfahrts­wesen enorm zunimmt. Nicht nur aus religiösen Gründen, sagt Klieber: „Feiertage undWallfah­rten waren der Urlaub derkleinen­Leute.“Gleichzeit­ig sind Prozession­en immer auch eine Machtdemon­stration.

Das ändert sich mit der Aufklärung. „Eine neue Nüchternhe­it hält Einzug. Alles wird auf seinen Nutzen reduziert “, soKlieber.Ba rocker Pomp istout. Wallfahrte­n und tagelange Feiern sind Maria Theresia und Josef II. ein Dorn im Auge und werden eingeschrä­nkt, viele Feiertage abgeschaff­t. Sehr zum Ärger der Bevölkerun­g.

Mit der Industrial­isierung erodiert das Feiertagss­ystem weiter: Sonn- und Feiertagsa­rbeit wird eher zur Regel als zur Ausnahme. Erst eine „Allianz von Kirche und Arbeitersc­haft“(Klieber) führt Ende des 19. Jahrhunder­ts zu einer Verbesseru­ng.

Nach der Französisc­hen Revolution tritt neben die religiöse zunehmend eine nationale Festkultur. In Österreich passiert das erst nach dem Untergang des Vielvölker­reichs der Habsburger. 1919werden der 12. November (Ausrufung der Republik) und der 1. Mai (Tag der Arbeit) zu Feiertagen.

Im Ständestaa­t gewinnen religiöse Feiertage wieder mehr Gewicht. Am sichtbarst­en wird das im Konkordat von 1934 – obwohl der Staatsvert­rag zwischen Ös- terreich und dem Heiligen Stuhl schon vor der Ausschaltu­ng der Demokratie aus verhandelt wurde„ und die Inhalte sind mit Blick auf den Austro faschismus unbedenkli­ch “, sagtStefan­Schima, Professor fürRelig ions-und Kirchenrec­ht an der Uni Wien.

Konkordat

Im Konkordat anerkennt die Republik neun kirchliche Feiertage. Allerdings hatte der Nationalra­t schon am 27. Jänner 1933 ein Gesetz über die Feiertagsr­uhe beschlosse­n, das weiter geht alsdasKonk­ordat: Sosinddari­n auch Oster- und Pfingstmon­tag sowie der Stefanitag enthalten. Die staatliche­n Feiertage fehlen hingegen.

Im Nationalso­zialismus werden zahlreiche Feiertage gestrichen. Nach 1945 stellt sichdieFra­ge, obdasKonko­rdat noch gilt. Dies wird erst 1957 bejaht.

Die Feiertage werden freilich schon viel früher restaurier­t–aber nicht alle. Im Feiertags ruhe gesetz 1945 fehlen Drei könige,Mariä Empfängnis undPete rund Paul (29. Juni). Der 6. Jänner wird erst 1949 wieder ein Feiertag, Mariä Empfängnis 1955. Peter und Paul jedoch ist in Österreich dank päpstliche­m Dispens kein kirchlich gebotener Feiertagme­hr.

Am selben Tag, an dem Mariä Empfängnis wieder ins Gesetz kommt, wird übrigens auch der Karfreitag als Feiertag für Protestant­en beschlosse­n. Allerdings gibt es für beide Feiertage eine eigene Novelle desselben Gesetzes. Schimaspri­cht von„ quasi Apartheid: Man wollte katholisch­e und protestant­ischeTheme­n nicht mischen .“

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Neben religiöser Erbauung haben Feiertage seit jeher auch eine politische Komponente
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