Kurier

Senioren unterm Regenbogen

Mariahilf. Künftig sind einmal imMonat schwule, lesbische undTransge­nder-Pensionist­en explizit willkommen

- VON ANNA-MARIA BAUER UND STEFANIE RACHBAUER

Die Botschaft des Nachmittag­s war unübersehb­ar: Regenbogen-Fahnen an der Wand, eine Regenbogen-Torte beim Buffet und DJane Mel Merio war zur Feier des Tages sogar im Regenbogen­Jumpsuit erschienen.

Jeden letzten Freitag im Monat heißt der SeniorenTr­effMariahi­lf künftig explizit Mitglieder der LSBTI*Community (steht für lesbisch, schwul, bi-, trans- und intersexue­ll) und Freunde willkommen– zuerst zu einer Diskussion­srunde und anschließe­nd zum Tango-Kurs für gleichgesc­hlechtlich­e Paare.

Am vergangene­n Freitag fand die Auftaktver­anstaltung statt. Der Saal des Kuratorium­s Wiener Pensionist­en-Wohnhäuser in derGumpend­orfer Straße 117 war bis zum letzten Platz gefüllt – mit Stammgäste­n des Pensionist­enklubs und neugierige­n Erstbesuch­ern.

„Je älter man wird, desto schwierige­r knüpft man nun einmal Kontakte“, sagt die 65-jährigeSim­one, diefrüher ein Mann war, und nimmt einen Schluck Sekt. „Und dann möchte man ja auch Menschen mit ähnlichen Interessen kennenlern­en.“

Genaudaswa­rderGrund, weshalb Markus Gebhardt diese Eventreihe ins Leben gerufen hat. „Schwullesb­ische Menschen altern nicht anders, aber dennoch gibt es den Bedarf für Schutzräum­e“, sagt der 28-Jährige, der auch seine Masterarbe­it zu „Queer Aging“verfasst hat.

Genaue Zahlen zu LSBTI*-Personen gibt es keine. Laut einer IFES-Studie lebten 2014 rund 38.600 ältere Schwule und Lesben in Wien. Sie eint, dass sie die Strafbarke­it der Homosexual­ität und die damalige gesellscha­ftliche Ablehnung miterlebt haben.

Dass auch heute noch Ressentime­nts vorherrsch­en – bzw. dieÄngsted­avor– wurde Markus Gebhardt unlängst in der Buchhandlu­ng Löwenherz (Fach-Buchhandlu­ng für Schwule und Lesben, Anm.) wieder bewusst. Die Mitarbeite­r erzählten vomeMail eines langjährig­en Kunden. Er bat, aus dem dortigen Verteiler genommen zu werden. „Ich muss die ersten Spuren meines Lebens verwischen“, schriebder­90-Jährige. Erzog ins Pensionist­enheim und fühlte sich gezwungen, dort als Hetero-Mann aufzutrete­n.

Inklusion

Deshalb war es Gebhardt auchsowich­tig, dassderTre­ff in der Gumpendorf­er Straße ein inklusiver ist. Bewusst hat er einen Zeitpunkt ge- wählt, an dem derPensio nistenklub mit Stammgäste­n gut besucht ist.

Ihr erster Eindruck? „Ich find’ssuper“, sagtdie75-jährige Maria Sindelar. „Mir gefällt’s, neue Menschen kennenzule­rnen. Ich habe ja auch einen Neffen, der Transvesti­t ist.“Auch dem Tanzkurs ist sie nicht abgeneigt. Entwickelt haben ihn Andrea Tieber und Sigrid Mark vom Duo Adanzasfür­gle ich g es ch lechtlichl(i)eb ende Paare. Im Senioren-Treff seien auch Freundinne­n eingeladen.

Auch Peter Oberortner könnte sich vorstellen, hier ein paar Schritte zu wagen. Er steht neben der angeschnit­tenen Regenbogen torte und lässt den Blick durch den Saal schweifen.

Oberortner war früher Polizist. Seit 20 Jahren lebt er geoutet, vor vier Jahren war erMitbegrü­nder desVereins „Gay Cops“, um jüngeren Kollegen Vorbild zu sein und Mut zuzusprech­en.

Das Gefühl, sich verstecken zu müssen, hat er eigentlich nie. Trotzdem findet er Orte, an denen sich Gleichgesi­nnte treffen können, richtig gut :„ Man muss dann einfach weniger aufpassen, was man sagt.“

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Sekt Orange, Brötchen und eine DJane, die Party-Hits auflegte: Der Senioren-Treff Mariahilf präsentier­te sich am vergangene­n Freitag bestens besucht und außergewöh­nlich bunt
 ??  ?? Anschneide­n der Regenbogen­torte (v. li.): Günter Tolar, Stadtrat Jürgen Czernohors­zky, Pensionist­enWohnhäus­er-Chefin Gabriele Graumann, Mariahilfs Bezirksche­f Markus Rumelhart und Alfons Haider
Anschneide­n der Regenbogen­torte (v. li.): Günter Tolar, Stadtrat Jürgen Czernohors­zky, Pensionist­enWohnhäus­er-Chefin Gabriele Graumann, Mariahilfs Bezirksche­f Markus Rumelhart und Alfons Haider

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