Senioren unterm Regenbogen
Mariahilf. Künftig sind einmal imMonat schwule, lesbische undTransgender-Pensionisten explizit willkommen
Die Botschaft des Nachmittags war unübersehbar: Regenbogen-Fahnen an der Wand, eine Regenbogen-Torte beim Buffet und DJane Mel Merio war zur Feier des Tages sogar im RegenbogenJumpsuit erschienen.
Jeden letzten Freitag im Monat heißt der SeniorenTreffMariahilf künftig explizit Mitglieder der LSBTI*Community (steht für lesbisch, schwul, bi-, trans- und intersexuell) und Freunde willkommen– zuerst zu einer Diskussionsrunde und anschließend zum Tango-Kurs für gleichgeschlechtliche Paare.
Am vergangenen Freitag fand die Auftaktveranstaltung statt. Der Saal des Kuratoriums Wiener Pensionisten-Wohnhäuser in derGumpendorfer Straße 117 war bis zum letzten Platz gefüllt – mit Stammgästen des Pensionistenklubs und neugierigen Erstbesuchern.
„Je älter man wird, desto schwieriger knüpft man nun einmal Kontakte“, sagt die 65-jährigeSimone, diefrüher ein Mann war, und nimmt einen Schluck Sekt. „Und dann möchte man ja auch Menschen mit ähnlichen Interessen kennenlernen.“
GenaudaswarderGrund, weshalb Markus Gebhardt diese Eventreihe ins Leben gerufen hat. „Schwullesbische Menschen altern nicht anders, aber dennoch gibt es den Bedarf für Schutzräume“, sagt der 28-Jährige, der auch seine Masterarbeit zu „Queer Aging“verfasst hat.
Genaue Zahlen zu LSBTI*-Personen gibt es keine. Laut einer IFES-Studie lebten 2014 rund 38.600 ältere Schwule und Lesben in Wien. Sie eint, dass sie die Strafbarkeit der Homosexualität und die damalige gesellschaftliche Ablehnung miterlebt haben.
Dass auch heute noch Ressentiments vorherrschen – bzw. dieÄngstedavor– wurde Markus Gebhardt unlängst in der Buchhandlung Löwenherz (Fach-Buchhandlung für Schwule und Lesben, Anm.) wieder bewusst. Die Mitarbeiter erzählten vomeMail eines langjährigen Kunden. Er bat, aus dem dortigen Verteiler genommen zu werden. „Ich muss die ersten Spuren meines Lebens verwischen“, schriebder90-Jährige. Erzog ins Pensionistenheim und fühlte sich gezwungen, dort als Hetero-Mann aufzutreten.
Inklusion
Deshalb war es Gebhardt auchsowichtig, dassderTreff in der Gumpendorfer Straße ein inklusiver ist. Bewusst hat er einen Zeitpunkt ge- wählt, an dem derPensio nistenklub mit Stammgästen gut besucht ist.
Ihr erster Eindruck? „Ich find’ssuper“, sagtdie75-jährige Maria Sindelar. „Mir gefällt’s, neue Menschen kennenzulernen. Ich habe ja auch einen Neffen, der Transvestit ist.“Auch dem Tanzkurs ist sie nicht abgeneigt. Entwickelt haben ihn Andrea Tieber und Sigrid Mark vom Duo Adanzasfürgle ich g es ch lechtlichl(i)eb ende Paare. Im Senioren-Treff seien auch Freundinnen eingeladen.
Auch Peter Oberortner könnte sich vorstellen, hier ein paar Schritte zu wagen. Er steht neben der angeschnittenen Regenbogen torte und lässt den Blick durch den Saal schweifen.
Oberortner war früher Polizist. Seit 20 Jahren lebt er geoutet, vor vier Jahren war erMitbegründer desVereins „Gay Cops“, um jüngeren Kollegen Vorbild zu sein und Mut zuzusprechen.
Das Gefühl, sich verstecken zu müssen, hat er eigentlich nie. Trotzdem findet er Orte, an denen sich Gleichgesinnte treffen können, richtig gut :„ Man muss dann einfach weniger aufpassen, was man sagt.“