Kultur des Wachstums
Sechs Tage, fünfzig Dechanten, ein Kardinal.
Im Zwei-Jahres-Rhythmuskommen wir in dieser Konstellation als leitende Priester der Erzdiözese Wien zur Klausurtagung in Passau zusammen: Eine intensive Zeit der Ermutigung, der Suche undder Schulung – anstelle von Jammern und Verwalten eines möglichen Niedergangs. Jeder Tag ist ausgefüllt mit Gebet, Meditationund hartem Arbeiten an unserer Bereitschaft zur Veränderung. Gemein schafts pflege und Humor kommen ebenfalls nicht zu kurz.
Exzellente Gäste waren vergangeneWoche eingeladen, uns zu helfen, den Blick über den eigenen Tellerrand zu erheben: Weihbischof RicThorpeundsein Pfarrer Adam von der anglikanischen Church of England gaben uns mit großem Charisma Zeugnis von Kirchengründungen in London. Aber ist so etwas auch bei uns inWienrealisierbar? Kardinal Christoph Schönborn und sein Leitungsteam versuchen jedenfalls seit Jahren, uns in diese Spur zu bringen. Gemeinsam haben wir uns gefragt: Was muss dringend erneuert werden? Wo dürfen wir – gegen alle Hoffnungslosigkeit – neu gründen? Wo müssen wir gerade in einer Krisenzeit der Kirche in Österreichmit kühnen Ideen neu auspflanzen? Mit unseren Zielen müsstenwir immer hoch ansetzen, rietunsWeihbischofRicauf Grund persönlicher Erfahrungen in London, wo die anglikanische Kirche einen beeindruckenden Turnaround geschafft hat. Neugründung und Wiederbelebung können nur dort gelingen, wo sie auf die Bereitschaft treffen, einiges weg zugeben, sterben zulassen und großzügig zu investieren. Die Bereitschaft, nicht alles selbst kreieren zu wollen, und das demütige Eingeständnis der eigenen Schwächen veranschaulichte er mit einer Kniebeuge. Nicht Einzelkämpfertum ermöglicht die Zukunft der Kirche, sondern offenherzige Zusammenarbeit, Freude und Beharrlichkeit.
MutzuNeuem
Wiewichtigwar es, nicht nur das Alltägliche in den Blick zu nehmen, sondern sich manchmal – zunächst vielleicht sogar ein bisschen widerwillig – dazu bringen zu lassen, vomUnmöglichem zu träumen, als ob alle Ressourcen derWelt zurVerfügung stünden! Lange haben wir nicht mehr so ausgelassen gelacht wie bei der Präsentation verrückter Missionsprojekte zwischen Retz, Wien und dem Wechsel. Fragen Sie in den nächsten Wochen Ihren Pfarreroder IhrenDechanten, was aus den Plänen geworden ist oder wo Sie vielleicht sogar mitmachen können. Und wundernSie sichnicht, wennSie in nächster Zeit irgendwann einmal ganz unvermutet an einem Bahnsteig angesprochen, beschenkt und eingeladenwerden. Die Kirche will wachsen! Wir wollenNeueswagen!
Der Autor ist Dompfarrer zu St. Stephan dompfarrer@stephansdom.at