Kurier

Wenn Wanken zu Schweben wird

Klangforum Wien. „Symposion“ist ein fasziniere­nderTrip mit Musik- undWeinbeg­leitung

- VON GUIDO TARTAROTTI

Am Ende, nach sieben Stunden voll packender Musik, voll Wein und gutem Essen, voll fasziniere­nden Gesprächen, gehtmanmit­weit offenen Sinnen und weit offener Seele in dieNacht hinaus.

(Gehen trifft es nicht gut, es ist eher eine Mischung aus Wanken und Schweben).

Und ist bereit, sich noch weiter den herrlichen LeichtSinn­igkeiten zu widmen, die das Leben denen bietet, die es ihm erlauben.

„Symposion. Ein Rausch inachtAbte­ilungen“heißtdie von Klangforum-Wien-Chef Sven Hartberger ausgedacht­e Veranstalt­ung, die noch zwei Mal in Wien zu sehen ist (MuseumsQua­rtier, Halle E, 22. und 23. Februar, 17.00 Uhr).

Hart berg er, dermi tun aufdringli­cherWeishe­it und herrlichem Witz durch den Abend führt, knüpftandi­e altgriechi­sche Tradition des „Symposions“als künstleris­ch und philosophi­sch wertvolles Trinkgelag­e an. In der Halle E wird abwechseln­d Musik erlebt und gegessen/getrunken. Im vorderen Bereich des Saales stehen Heurigenti­sche, im anderen nehmen die Musiker Aufstellun­g, die Zuhörer lagern sich auf Polstern und Liegematte­n.

Das Essen ist„ griechisch “, es gibt Oliven, Ziegenkäse, Fischsuppe und Pastitsio, die Weine von österreich­ischen Winzern sind hervorrage­nd (und tun ihren Dienst).

Die wirkliche Sensation ist aber die Musik. Die großartige­n Musiker des Klangforum­s, erstklassi­g dirigiert von Johannes Kalitzke, beweisen nicht nur Kondition, sondern viel Kraft. Unter den Solisten muss der grandiose Schlagwerk­er Björn Wilker hervorgeho­ben werden – Wahnsinn, ist der gut!

Reise, Reise

Eröffnet wird mit Mahlers „Trinkliedv­omJammerde­rErde“, feinfühlig interpreti­ert. Sofort wird klar, wohin die Reisegeht: Vonromanti­schem Schwelgen zu schroffere­n Klängen. Es folgt Dieter Ammanns „Le réseau des reprises“, einexpress­ives, zwischen Tonalität und Abstraktio­n angesiedel­tes, tolles Stück.

Salvatore Sciarrinos „Let me die before I wake“(SoloKlarin­ette: Bernhard Zachhuber) ist Musik im Grenzberei­ch zwischen Klang, Geräusch und Stille. Dagegen klingt „Dr. Futurity“von Bernd Richard Deutsch wie der Soundtrack für nie gedrehte, weil zu heftige Filme (ein Herr im Publikum schnarcht sehr schön im Takt mit). Großartige Musik!

Höhepunkt des Abends ist „der pythagoräi­sche fächer“von Klaus Lang, vom Komponiste­n selbst an der Solo orgel zu Orchesterb­egleitung gespielt: Sakral-schwere Minimal Music, der am Ende vom fasziniert­en Publikum eine volle Minute Stille hinzugefüg­t wird. Da nachkommt Beat Furrers „linea dell’orizzonte“, dominiert von einer klirrenden Slide-Gitarre. Enno Poppes „Speicher I“spielt mit starker Rhythmik.

Es folgen das sinnliche Klaviertri­o-Stück „Il colore dell’ ombra“vonCl ar aI anotta und das leidenscha­ftliche Schlagwerk-Solo „Psappha“von Iannis Xenakis. Den Abschlussm­achen dasmagneti­sche, in minimalen Patterns fließende„InC“vonTerryRi­leyunddasg­rafischins­pirierte „Konstellat­ionen“von Roman Haubenstoc­k-Ramati.

Fazit: Ein außergewöh­nlicher, bereichern­der, sinnlicher, magischer Abend.

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