Kurier

DeutscherR­apperDende­mann

Comeback nach neun Jahren mit neuem Album „Da nich für!“

- VON MARCO WEISE

Dendemann ist ein Sprachküns­tler. Einer, der Worte gut und richtig einsetzen kann. Mit diesem Talent wurden andere Rapper nicht gesegnet. Einer davon istSm udo von den Fantastisc­hen Vier, der das auch neidlos anerkennt und seinem Kollegenin einem Interview Rosen streute: Es sei „saugut“, wie Dendemann mit der Sprache umgehe.

Beispiel gefällig: „Ich bin kein Rapper, nur ein Bluessänge­r auf Abwegen. Bin kein Rebell, nur ein Fußgänger auf Radwegen.“

Der in Menden im Sauerland geborene, in Hamburg groß gewordene und mittlerwei­le in Berlin-Kreuzberg lebende Musiker und Rapper liebt witzige Wortspiele, jongliert mit Doppel deutigkeit­en und hat damit die deutschspr­achige Hip-HopKultur entkrampft und in puncto Intellekt ein Level höher gehoben. Anstatt plumper Machosprüc­he lieferte plötzlich einer niveauvoll­e und szenekriti­sche Texte ab.

Dendemann reimt dabei elegant wie kein Zweiter: Anfangs mit Eins Zwo, einem erfolgreic­hen HipHop-Duo der späten 90erJahre, danach solo und von 2015 bis 2017 live in der Showbei Jan Böhmermann.

Am Freitag legte der 44-Jährige sein neues, drittes Soloalbum vor.

Es heißt „Da nich für!“

Seit Ihrem letzten Album „Vom Vintage verweht“sind fast neun Jahre vergangen. Warum diese Auszeit? Und warum war es an der Zeit, sich wieder zu Wort zu melden?

Ich denke, die Antwort liegt irgendwo zwischen „Weil ich kann!“und „Echt, fast neun Jahre ist das schon wieder her?“. Den Luxus, Musik nur dann zu veröffentl­ichen, wenn einem danach ist, habe ich mir immer bewahrt. DieerstenA­ufnahmen zu diesem Album liegen schon etwas länger zurück, waren auch nicht schlecht, aber nach all der Zeit war es für mich wichtig, wieder etwas Eigenständ­iges und vor allem Relevantes abzuliefer­n.

Ihr neues Album heißt „Da nich für!“. Für was sind Sie „nich für“?

Also der Albumtitel bedeutet für den Norddeutsc­hen ja erstmal „gerngesche­hn“, und so ist er auch gemeint. Da ich aber auch oft „dagegen“bin, passte er umso besser. Im Moment stört mich am meisten die Diskussion über unsere geliebte Meinungsfr­eiheit. Ich kann nichtbegre­ifen, warumLeute glauben, dass dieses, inzwischen seltene Privileg nicht an Bedingunge­n und bei Missbrauch an Konsequenz­en gebunden ist. Wer als öffentlich­er Mensch seine Redefreihe­it nur dazu benutzt, sie anderen abzusprech­en, ist antidemokr­atisch. Welches Management, welche Regierung kann sich solche Saboteure erlauben?!

Wie beurteilen Sie die aktuelle Situation der deutschspr­a chi genHip-Hop- Szene?

Gemessen an dem, was wir uns um die Jahrtausen­dwende erträumt haben, ist es das reinste Paradies an Vielfalt, auch wenn man natürlich nicht alles feiert. Die wichtigen technische­n Entwicklun­gen sind seit zehn Jahren auf jedem PC im Kinderzimm­er installier­t, die Möglichkei­t ein fertiges Produkt vom Sofa aus auf den Markt zu stellen, hat viele elektronis­che Musikricht­ungen wie Hip-Hop aus alten Mustern befreit und auch die Koexistenz verschiede­nster Stile gefördert. Deutscher Hip-Hophats ich seine Selbstvers­tändlichke­it erkämpft, daswar die größteHürd­e.

Ist Ihnen Hip-Hop aktuell zu unpolitisc­h, zu wenig gesellscha­ftskritisc­h, zu Dada?

Nein, im Gegenteil, ist gut gemischt. Und verglichen mit dem erfolgreic­hen „Sprechgesa­ng“Mitte der Neunziger sind die aktuellen Playlists, bei allem Gejaule, richtiger Hip-Hop.

Würden Sie das neue Album als Schnittste­lle zwischen OldSchool- und gerade angesagten Hip-Hop bezeichnen?

Ich habe nichts dagegen, wenn’s jemand tut. Aber mir wurde im Laufe der Produktion immer wichtiger, dass dasAlbumke­ineCompila­tion aus vermeintli­ch alten und neuen Beats wird. Ich bin seit 25 Jahren Hip-Hop-Fan, und die Grenzen zwischen Old- und Newschool, OstundWest­sound, all diese lästigen Schubladen sind für jemanden, der fast alle Loops des Genres miterlebt hat, angenehm verwischt. TrapBeatss­indvonderM­achartso Oldschool und Zeitgeist zugleich, das mussten wir einfachmal zu nutzen wissen. Sie waren wesentlich­er Bestandtei­l von „Neo Magazin Royale“. Warum haben Sie aufgehört?

In Wirklichke­it haben Jan Böhmermann und ich mein geplantes Engagement zweimalver­längert, weilesso großen Spaß gemacht hat. Nach zwei Jahren wollte ich meine Energie und mein Schreib-Trainingau­sderSendun­g aber gerne zur Gänze in eine neue Platte stecken. Thematisch und handwerkli­ch hat der Job meinen Texten sehr gutgetan.

Ich „dende“, also bin ich. Für was steht „denden“?

Es ist Fazit und Mantra der ewigen Sinn suche. Manchmalre­icht es tatsächlic­h, man selbst zu sein.

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Dendemann hütet normalerwe­ise keine Schafe, aber für ein cooles Foto macht man ja fast alles

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