Waswirwollen sollen
Mein Problemmit den Kulturmaschinen, die heutzutagebestimmen, welcheFilmeundSerienwirsehen, welcheBücherwirlesenundwelcheMusikwir hören, istderenanmaßenderCharakter: DerDienst Spotify etwa gibt auf seinem Startbildschirm vor zu wissen, welche Musik einem Sonntagsvormittag-Brunch angemessenist. YouTubelässtaufgesuchteVideosangeblich passende Inhalte folgen, Amazon glaubt, dass „Kunden, die dieses Produkt gekauft haben“, auch sonst mit meinemGeschmack konformgehen.
Während die Algorithmen hinter diesen Empfehlungen meist in einer schwarzen Box versteckt sind, suggeriert Netflix Transparenz: Ein vorgeschlagener Inhalt scheint dort etwa auf, weil er „98 % Übereinstimmung“aufweist. DochÜbereinstimmungwomit genau?
Nachdem ich beim Streamingriesen einige gehypte Serien – „StrangerThings“, „Narcos“, „Evil Genius“– konsumiert hatte, verstärkte sich jedenfalls mein Eindruck, dassNetflix einOrt ist, andemdystopischeInhalte besonderenZuspruchgenießen. DieVorschläge, diemirvonder Startseite entgegensprangen, waren so düster, dass ich mich irgendwannunwohl fühlte (daswar, bevor die ewig lächelnde Japanerin mit dem Aufräumtick daherkam). Ich tat also etwas Unerhörtes: Ich fragte Bekannte nach Empfehlungen. Nun schaue ich z. B. „Shtisel“, eine Serie übereineultraorthodoxeFamilieinJerusalem, aufNetflix nur auf Hebräisch/Jiddisch mit Untertiteln verfügbar. Undsieheda: Sie istwirklichsehenswert.
michael.huber@kurier.at