Kurier

Die unschlagba­re Nummer eins

Super-G. Der Bayer Josef Ferstl gewann sensatione­ll auf der Streif und machte es seinem Vater nach

- VON CHRISTOPH GEILER

Läufer, die mit Nummer eins in einen Super-G gehen, sind von vornherein nicht zu beneiden. Weil sie keinen blassen Schimmer haben, was sie bei ihrer rasanten Fahrt alles erwartet. „Wie hoch ist das Tempo? Wie weit springe ich? Und wie fahre ich?“, erklärt Josef Ferstl, die Nummer eins der Startliste beim Super-G von Kitzbühel.

Schleuders­tuhl

Aber das war noch längst nicht der einzige Grund, weshalb der Bayer am Sonntag mit Nummer eins ein richtig hartes Los gezogen hatte. Denn fast noch schlimmer als seine turbulente Fahrt als Testpilot war danach das nervenaufr­eibende Sitzen auf dem Schleuders­tuhl.

Der rote Sessel, auf dem im Zielraum der Führende Platz nehmen darf, mag vielleicht bequem aussehen, Josef Ferstl aber rutschte darauf unruhig hin und her und mitunter bekam man die Angst, es könnte ihn vom Hocker reißen. So spannend wie dieser Super-G verlaufen war.

Familiensa­che

Doch am Ende sollte es keinem mehr gelingen, Josef Ferstl vom Thron zu stoßen. Der Mann mit dem Einserleib­erl war auch im Klassement die Nummer eins und sorgte damit für einen historisch­en Familien-Erfolg. Papa Sepp, der auf der Tribüne Augenzeuge der Sensation wurde, hatte 1978 und 1979 die Abfahrt gewonnen. „Ich kann es gar nicht wirklich glauben“, sagte Josef Ferstl, der im deutschen Speedteam den Alleinunte­rhalter spielen muss, nachdem sich Vorjahress­ieger Thomas Dreßen und Andreas Sander verletzt hatten und den ganzen Winter ausfallen.

Ein Zufallssie­ger ist dieser Josef Ferstl dann aber auch wieder nicht. Schon in der Abfahrt hatte der 30-Jährige mit Rang sieben aufgezeigt. Nicht von ungefähr nennt er die Streif sein „Wohnzimmer“, weil er hier oft mit seinem Vater trainiert hatte. Und wie’s der Zufall so will, hatte er auch bei seinem bisher einzigen Sieg (Super-G in Gröden, 2017) eine niedrige Nummer (2). Damals hatte der Kurssetzer übrigens wie gestern Andy Evers geheißen.

Zitterpart­ie

Josef Ferstl musste im Ziel oft und lange um seine Bestzeit zittern, etliche Läufer ka- men dem Traunstein­er gefährlich nah. Darunter neben dem Franzosen Johan Clarey (2.) und dem italienisc­hen Abfahrtssi­eger Dominik Paris (3.) auch die beiden Österreich­er Vincent Kriechmayr (4.) und Matthias Mayer (5.).

So lag Kriechmayr bei der vorletzten Zwischenze­it am Oberhausbe­rg noch knapp vier Zehntelsek­unden vor dem späteren Sieger. Mit einer fehlerhaft­en Fahrt im untersten Abschnitt brachte sich der Oberösterr­eicher um den Podestplat­z, wenn nicht sogar um den möglichen Heimsieg. Am Ende gab es für die ÖSVLäufer sogar ein historisch schlechtes Abschneide­n: Erstmals stand in einem Kitzbühele­r Super-G kein Österreich­er auf dem Siegespode­st.

Kriechmayr reiste sichtlich angefresse­n aus Kitzbühel ab, nachdem er in der Ab- fahrt nicht das Ziel gesehen hatte. „Ich bin technisch nicht gut Ski gefahren. Das zipft mich an“, ärgerte sich der 27-Jährige. „Weil das passiert mir leider immer wieder.“

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