Sieg und Ende mit Schrecken
Damen-Abfahrt. Stephanie Venier gewinnt in Garmisch / Abbruch nach Stürzen / Hütter verletzt
Um 13.48 Uhr war es genug: FIS-Renndirektor Atle Skårdal beendete die Damen-Abfahrt von Garmisch-Partenkirchen nach dem schweren Sturz der Italienerin Federica Sosio vorzeitig. 41 Starterinnen hatten zu diesem Zeitpunkt die Kandahar-Piste von Garmisch-Partenkirchen in Angriff genommen, sieben schafften es nicht ins Ziel.
Schlimm erwischte es Cornelia Hütter. Die Steirerin hatte nach dem Start-Steilhang in der ersten Linkskurve die Position verloren, war wild durch die Luft geflogen und im zweiten von drei Fangnetzen zum Stillstand gekommen. Zwar konnte sie noch auf ihren Skiern ins Ziel fahren, doch eine Untersuchung in Innsbruck brachte nichts Gutes. Die 26-Jährige zog sich einen Innenbandeinriss im Knie und einen Muskelfaserriss in der Wade zu, sie fällt für die WM aus.
Die Italienerin Federica Brignone wurde zu diesem Zeitpunkt mit der Rettung nach einem ebenfalls schweren Sturz ins Spital gebracht. „Aber es scheint so, als sei sie okay“, erklärte später Teamkollegin Sofia Goggia.
Zu Federica Sosio war da gerade der Rettungshubschrauber unterwegs, die 24Jährige dürfte sich den Unterschenkel gebrochen haben. Den Fahrerinnen nach ihr blieb die Mutprobe erspart.
Gemischte Gefühle
Es war nicht nur ein Schatten über diesem sonnigen Tag an der Kandahar, an dem der am 29. Jänner 1994 zu Tode gestürzten Salzburger Skirennläuferin Ulrika Maier gedacht wurde. Wie aktuell das Thema Risiko im Skirennlauf ist, wurde den 4000 Zuschauern mehrfach drastisch vor Augen geführt. 138 Minuten dauerte es vom Start bis zum Abbruch. Da war der Seilbahnsprung längst abgegraben, nachdem die Schweizerin Corinne Suter mit Startnummer zwei fast 50 Meter durch die Luft gesegelt war. Viel weiter als gedacht – die Nacht zuvor war klar, die Strecke eisig-hart durchgefroren und deutlich schneller als an den Tagen zuvor. „Im Rennspeed sind die Damen drei, vier km/h schneller als im Training“, erklärte Jürgen Kriechbaum, „es war heute aber sicher nicht zu gefährlich.“
Es waren die Details, die den Ausschlag gegeben haben. „Die Trainer haben uns gesagt, dass wir den Seilbahnsprung nicht direkt am Tor anfahren sollen, sondern eher etwas in der Mitte“, sagte Stephanie Venier, „dann soll- te es kein Problem sein.“Die Tirolerin tat, was ihr geraten worden war. Ergebnis: „Der Sprung ist extrem weit gegangen, aber ich habe dadurch gewusst, dass ich nicht langsam bin.“1:37,46 Minuten waren am Ende die Basis für ihren ersten Weltcupsieg, was der amtierenden Vizeweltmeisterin in der Abfahrt ein gutes Gefühl für die WM in Schweden gibt.
Übergepäck
Am Mittwoch heben die ÖSVSpeed-Damen Richtung Åre ab, und wenn es sich ausgeht, könnte auch schon die Selbstbelohnung der Stephanie Venier mit an Bord sein: „Ein neues Handtascherl wird schon außischauen“, verriet die modebewusste 25Jährige aus Oberperfuss, die von einer großen Familiendelegation ins rund 50 Kilometer entfernte Garmisch begleitet worden war.
Apropos Familie: Die gute Stimmung im ÖSV-Team ist sowohl Ursache als auch Resultat des aktuellen Erfolgslaufs. Der fünfte Abfahrtssieg im sechsten Saisonrennen weckt Erinnerungen an einstige Glanzzeiten, zuletzt haben die ÖSV-Damen 1997/’98 so eine Serie hingelegt. Damals waren es die Golden Girls Michaela Dorfmeister, Renate Götschl und Alexandra Meissnitzer, „aber das ist schon sehr weit weg, so weit sind wir noch nicht“, sagte Nicole Schmidhofer. Die zweifache Saisonsiegerin behält das Rote Trikot der Führenden im Abfahrtsweltcup, als zweitbeste Österreicherin wurde sie Siebente.
Hier kommen wir wieder zum Familiären – denn die bisherigen Abfahrtssiege hatten die Steirerinnen Schmidhofer (2) und Siebenhofer (2) eingefahren. Nun offenbarte die Tirolerin Venier, dass ihr Vater aus Stainz in der Steiermark stammt! „Aber die Mama“, beeilte sie sich nachzuschieben, „die Mama ist Tirolerin.“