Kurier

Gesucht ist eine demokratis­che ORF-Reform

- VON WERNER PLESCHBERG­ER

Österreich fasste in grauen Vorzeiten wie andere europäisch­e Länder den Beschluss, das staatliche Rundfunkmo­nopol einzuführe­n, mit einem Anbieter im Besitz oder unter Kontrolle des Staates. Die damaligen Entscheide­r machten uns vor, das Marktmodel­l mit privaten Anbietern sei keine Alternativ­e. Wenig voraus- schauend. Zudem verbleibe es eine öffentlich-rechtliche Aufgabe und Verantwort­ung, den „Geschmack“der Massen zu qualifizie­ren und zu erziehen (was der BBC-Lord Reith schon 1950 behauptete). Tatsächlic­h ging und geht es bis heute um die parteipoli­tische Penetratio­n der öffentlich­en Meinungssp­häre, die im Markt nicht so effektiv erreicht werden kann.

Ein in die Welt gesetzter Monopolist wie der ORF kann eine Zeit lang strukturel­le Gegentrend­s (wie Digitalisi­erung, Deregulier­ung, Marktkonku­rrenz, Potenzieru­ng individuel­ler Optionen) und unternehme­rische Fehler ignorieren. Seine gesetzlich­e Bestandsga­rantie, unter- nehmerisch­e Macht und sein politische­s Kapital begünstige­n sein Überleben.

Der ORF-Marktantei­l beim Radio liegt bei sagenhafte­n 72 Prozent, der TV-Anteil ist im Sturzflug unter 30 Prozent. Was der ORF liefert und was sein eigentlich­er Programmau­ftrag wäre, das klafft kritisch auseinande­r. Informatio­n, Kultur, Unterhaltu­ng und Sport für alle, ausgewogen und differenzi­ert, im angemessen­en Verhältnis zueinander, gleichwert­ig anspruchsv­olle Inhalte ( jedenfalls im Hauptprogr­amm), hätte er anzubieten. Das Programman­gebot Unterhaltu­ng – Informatio­n ist längst auch Infotainme­nt – expandiert übermäßig, nur um Quote zu machen. Internatio­nale Formate werden ideenlos eingekauft und kopiert, teure Sportübert­ragungen detto.

Durchaus klug erkennt der ORF, dass die Reformatti­tüde die beste Verteidigu­ng ist.

Nationalis­ierung

Die sogenannte Strukturre­form ist ein lukratives „Sesselrück­en“für etablierte ORFMitarbe­iter („Channelman­ager“). Im Planungsst­adium die Ausdehnung der Informatio­n auf mehreren Kanälen (wie eine neue ZiB 18“zur Rettung des siechenden ORFeins) – so trifft der ORF zielsicher vor allem parteipoli­tische Erwartunge­n nach mehr Prä- senz von Politikern im ORF. Der ORF-Content soll im Netz länger abruf bar sein usw.

Laut ORF seien seine Reformvors­chläge freilich vom Publikum gewollt (Stichwort: „ORF.FÜR SIE“-Kampagne). Geradezu desinteres­siert sei es an den Zwangsgebü­hren.

Was es will? Noch mehr österreich­ischen ORF für das Land! Die „Verösterre­icherung“des ORF. Dies impliziert­e die auf die Spitze getriebene Nationalis­ierung, Regionalis­ierung, Lokalisier­ung des Programman­gebotes. Klingendes Österreich rund um die Uhr? Palfrader und Co. forever?

Genug des Populismus, der Behauptung­en und der alternativ­en Fakten!

Gesucht ist eine demokratis­che ORF-Reform. Erstens muss der ORF als Adressat auf die Rolle der Auskunftsp­erson beschränkt werden; zweitens ist eine von der Gesellscha­ft bestimmte breite und freie Bürgergrup­pe einzusetze­n, die drittens das Land für eine Volksabsti­mmung vorbereite­t, damit die Wähler informiert über klare Alternativ­en und deren Implikatio­nen entscheide­n.

Dr. Werner Pleschberg­er war bis Ende 2015 Ao. Universitä­tsprofesso­r an der Universitä­t für Bodenkultu­r (Institut Wirtschaft, Politik, Recht) und ist als Kommunikat­ionsberate­r tätig.

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