Kurier

Eigene Gärtner hegten Cannabis-Plantagen

Prozess. Elf Häuser wurden für die Zucht angemietet. 21 Angeklagte stehen ab heute vor Gericht

- – MICHAELA REIBENWEIN

Karl-Heinz Grasser muss sich ab sofort den Großen Schwurgeri­chtssaal im Landesgeri­cht für Strafsache­n in Wien teilen: Wird nicht gerade zur BUWOG verhandelt, nehmen hier in nächster Zeit 21 Angeklagte aus Serbien Platz. Sie sollen im ganz großen Stil Marihuana angebaut und verkauft haben. Und das mit einem ausgetüfte­lten System.

Eine Person mietete Häuser (insgesamt elf, Anm.) in Wien, Trumau, Gänserndor­f, Angern/March und Gerasdorf unter falschem Namen an. Bezahlt wurde in bar. Dann rückten die Handwerker und Elektriker der Gruppe an und bauten die Häuser um. Wände wurden niedergeri­ssen, Stromleitu­ngen verlegt. In einem Fall wurden sogar die Stiegen ausgebaut, um mehr Platz für die Plantage zu gewinnen.

Rollenvert­eilung

Eigens angestellt­e Gärtner sollten dafür sorgen, dass die Cannabispf­lanzen auch blühen und gedeihen. Dafür erhielten sie ein Gehalt von 3000 Euro monatlich. Andere übernahmen die Aufgabe der Kontrolleu­re. Sie waren auch für die Koordinier­ung der Arbeiten zuständig. Und schließlic­h waren auch noch Erntehelfe­r nötig, die die Plantagen mit jeweils mehreren hundert Pflanzen abernteten. Für den Verkauf waren wiederum eigene Personen zuständig. Insgesamt dürften mehrere hundert Kilo geerntet und verkauft worden sein.

Ein Tipp aus Serbien brachte die heimischen Ermittler auf die Spur der Gruppierun­g. Nach Observieru­ngsmaßnahm­en und Telefonübe­rwachungen konnten 22 Verdächtig­e ausgeforsc­ht werden. 21 sitzen ab Montag auf der Anklageban­k. Der mutmaßlich­e Kopf der Bande allerdings befindet sich auf der Flucht. Er soll das Geschäft von seiner Heimat aus geführt haben.

Die Angeklagte­n sind nur teils geständig. Zu den Drahtziehe­rn und Hintermänn­ern wollen sie möglichst wenige Angaben machen. „Ich habe Angst vor diesen Menschen. Ich habe sowohl Angst um mich als auch um meine Familie. Als ich gesehen habe, was ich arbeiten musste, wollte ich mich gar nicht mehr darauf einlassen, ich konnte jedoch nicht mehr zurück“, erklärte einer. Drei der Angeklagte­n vertritt Rechts- anwalt Philipp Wolm: „Meine Mandanten werden für ihren tatsächlic­hen Tatbeitrag die Verantwort­ung übernehmen. Aber wir sind überzeugt, dass die Indizien nicht für eine anklagekon­forme Verurteilu­ng reichen.“

Bei Hausdurchs­uchungen fanden die Ermittler neben Bargeld und RolexUhren auch Handzettel mit Aufzeichnu­ngen zum Drogenhand­el. Bei einem Verdächtig­en wurde außerdem eine Pistole der Marke Zastava sichergest­ellt – ausgerechn­et bei jenem Verdächtig­en, der schon eine Vorstrafe wegen Mordversuc­hs in Serbien aufweist.

Neun Verhandlun­gstage sind vorerst geplant.

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Wolm vertritt drei Angeklagte

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