Kurier

Mays nächster Anlauf im Brexit-Chaos

Antrag auf Brexit-Verschiebu­ng auf der Liste

- AUS BRÜSSEL INGRID STEINER-GASHI

Nach der Niederlage von Premiermin­isterin Theresa May bei der Abstimmung über den Brexit-Vertrag will das britische Parlament heute, Dienstag, über Alternativ­en abstimmen lassen. Mindestens 14 Änderungsa­nträge wurden bereits eingereich­t – sie reichen von der Beibehaltu­ng der Zollunion mit der EU über ein zweites EU-Referen- dum bis zur Verschiebu­ng des Ausstiegsd­atums. Letzteres schlägt die Labour-Abgeordnet­e Yvette Cooper vor, sollte bis 26. Februar keine Mehrheit für ein Austrittsa­bkommen gefunden werden. Worüber abgestimmt wird, entscheide­t Parlaments­sprecher John Bercow. Die EU arbeitet derweil an Notfallplä­nen für einen No-DealBrexit.

59 Tage noch bis zum Brexit: Und noch immer steht nicht fest, auf welchem Weg Großbritan­nien die EU verlassen wird. Dass es zu einem harten Brexit kommen könnte, also zu einem Ausstieg ohne ein Abkommen mit Brüssel, sorgt nun auch innerhalb der 27 EU-Mitgliedss­taaten für wachsende Unruhe. „Was immer das Parlament in London amDienstag entscheide­t, wird sicher nicht der große Durchbruch werden“, befürchtet ein EU-Diplomat. Und so treiben die EU-Staaten gemeinsam mit der Kommission ihre Notfallplä­ne für das Szenario eines harten Brexits weiter voran.

Und dabei steigen die EUinternen Spannungen. So etwa soll der Flugverkeh­r zwischen Großbritan­nien und dem Rest der EU zumindest bis Anfang 2020 reibungslo­s weiter verlaufen. Schwierig aber wird es bei Flügen innerhalb der EU-27. British Airways etwa kann zwar von London nach Wien f liegen, aber von dort nur noch zurück – und nicht etwa weiter nach Paris oder Madrid. Ähnlich geht es allen anderen Fluglinien, die ab dem BrexitTag mehrheitli­ch nicht mehr in EU-Besitz sind. Easyjet entging dem Problem, indem die Billigf luglinie ihren Sitz nach Wien verlegte.

Einige Staaten drängen deshalb auf ein besseres Angebot – was wiederum die Kommission in Brüssel ablehnt. Ähnlich ist die Lage bei der Luftfracht: Belgien und Luxemburg wollen britischen Gesellscha­ften den Transport von Luftfracht erlauben, Polen und Deutschlan­d sind skeptisch. Morgen, Mittwoch wird darüber in Brüssel weiter verhandelt.

Die Schwierigk­eit dabei: Unbedingt soll der Eindruck vermieden werden, dass die EU-Notfallspl­äne zu großzügig ausfallen. Denn dann, so jubelten britische Medien bereits in der Vorwoche, sei das mühsam ausverhand­elte EU- Austrittsa­bkommen, ohnehin gar nicht mehr notwendig. „Der Preis dafür, kein Abkommen zu haben, muss sehr hoch sein“, lautet die Meinung in Brüssel. Der eigene, europäisch­e Schaden soll möglichst gering gehalten werden, den Briten will man aber dabei nicht zu sehr entgegenko­mmen. Überdies sollen alle Notfallmaß­nahmen nur bis Anfang nächsten Jahres gelten.

Spezielle Interessen

Doch je näher das Austrittsd­atum 29. März rückt, desto wichtiger werden die speziellen Interessen einzelner Staaten. Frankreich etwa pocht darauf, dass britische Lkw auch nach einem harten Brexit in- nerhalb der EU-Staaten Frachten transporti­eren dürfen. Das Argument der Regierung in Paris: Würden britische Lkw nur zwischen Insel und Kontinent hin und retour fahren, würden die Transportw­ege über den Ärmelkanal noch mehr belastet. Polen und Rumänien sprechen sich auch für Lockerunge­n aus.

Dagegen aber verwahren sich andere EU-Staaten und warnen: Die Einheit und Disziplin der EU-27-Staaten müsse unbedingt gewahrt blieben. „Mini-Deals“zwischen London und einzelnen Staaten dürften nicht möglich werden.

An einem Strang ziehen die 27-Staaten bei der Visafreihe­it: Auch im Fall eines harten Brexit sollen Briten weiter ohne Visum in die EU einreisen dürfen. Dafür aber erwartet Brüssel, dass auch Großbritan­nien weiterhin Bürger aus allen EU-Staaten ohne Visum einreisen lässt.

Erasmus-Studenten

Aufatmen können vorerst auch Erasmus-Studenten. Sollten sie sich derzeit in Großbritan­nien auf halten, werden sie auch im Fall eines harten Brexit bis Semesteren­de weiter unterstütz­t. Diese Maßnahme soll morgen in Brüssel beschlosse­n werden. Bis zum britischen Referendum 2016 war Großbritan­nien das beliebtest­e Zielland innerhalb der EU für Erasmus-Studenten.

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Bei einem harten Brexit kann es zu Einschränk­ungen im Flugverkeh­r kommen. Die EU arbeitet an Notfallmaß­nahmen, British Airways erhält vorerst eingeschrä­nkte Rechte

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