Kurier

Ein Ausflug ins Tanzmuseum

Natascha Mair in „Coppélia“von Léo Delibes an der Volksoper.

- VON SILVIA KARGL KURIER-Wertung:

Das dreiaktige Ballett „Coppélia“zu Musik von Léo Delibes zählt seit seiner Uraufführu­ng 1870 zum Repertoire fast aller bedeutende­n Compagnien. An der Volksoper wird vom Wiener Staatsball­ett erstmals die 1973 in Paris entstanden­e Rekonstruk­tion Pierre Lacottes gezeigt.

Durch die Nähe zum Original nach Arthur SaintLéon ist diese Fassung im Vergleich mit den zuletzt an der Volksoper aufgeführt­en Versionen von Susanne Kirnbauer und Gyula Harangozó sen. eine ernste Angelegenh­eit, der jener Hauch von Ironie fehlt, der das Märchen an die Gegenwart heranführt.

Akribisch

Doch der Vorteil der akribische­n Rekonstruk­tion Lacottes mit zahlreiche­n pantomimis­chen Elementen ist, dass „Coppélia“als Schlüsselw­erk an der Schnittste­lle zwischen dem romantisch­en Ballett und den Klassikern von Marius Petipa zu betrachten ist.

Die Schritte sind dynamisch und schnell, Hebefigure­n kommen fast nicht vor, die Solisten brillieren vor allem in Solovariat­ionen. Wiens neue Erste Solotänzer­in Natascha Mair gefällt als jugendlich­e Swanilda, die ihren Franz (Denys Cherevychk­o) mit Charme um den kleinen Finger wickelt. Die „Charakterr­olle“des unheimlich­en Coppélius, dem Erfinder der Franz verwirrend­en Automatenp­uppe Coppélia, ist bei Lacotte deutlich von E.T.A. Hoffmann ins- piriert und wird von Alexis Forabosco mit der geforderte­n Skurrilitä­t angelegt.

Das Corps de ballet tanzt in Anne Salmons präziser Einstudier­ung. Mazurka und Walzer, Nationaltä­nze haben in der Choreograf­ie einen hohen Stellenwer­t. Die Ausstattun­g adaptierte Lacotte nach den Pariser Originalen­twürfen, wobei die farbenfroh­en Kostüme einen Kontrast zu den gemalten Prospekten im Hintergrun­d bilden.

Den nicht vollständi­g überliefer­ten dritten Akt choreograf­ierte Lacotte neu und beweist Stilgefühl. Um den Pas de deux der Protagonis- ten kreisen Solisten wie die Morgenröte, die Nacht, die Abenddämme­rung und die musikalisc­h auch abseits des Balletts bekannten zwölf Stunden. Für die spritzige Umsetzung der Musik sorgte Simon Hewett am Pult des Orchesters der Volksoper.

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Nur am Gürtel neu: Natascha Mair wird als Swanilda vom Corps de ballet getragen; zu ihren Füßen kniet Denys Cherevychk­o als Franz

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