Marcel Hirscher findet sich selbst
Nachtslalom. Stadionatmosphäre in Schladming: Der siebenfache Gesamtweltcupsieger überwindet seine Mini-Krise und feiert vor über 45.200 begeisterten Fans seinen 68. Weltcupsieg, den dritten an der Planai
Er hatte gegrübelt, er hatte sich geärgert. In Schladming aber, da präsentierte sich Marcel Hirscher wieder so, wie es sich der siebenfache Gesamtweltcupsieger vorstellt: Erster nach dem ersten Lauf des Nachtslaloms (mit 99 Hundertstelsekunden Vorsprung auf den zweitplatzierten Schweizer Daniel Yule, so weit voran lag er noch nie in einem Torlauf), und Erster am Ende der Prüfung vor 45.200 begeisterten Zuschauern an der Planai, nun 1,21 Sekunden vor dem Franzosen Alexis Pinturault und 1,60 vor dem drittplatzierten Yule.
Zehnter Weltcupsieg in dieser Saison, der 68. insgesamt und der 33. in einem Torlauf, dazu der 135. Podestplatz – und das Rätsel gelöst, wieso er bislang so oft Probleme hatte, im ersten Lauf auf Touren zu kommen. „Es war eine richtige Freude heute, ich habe mein Gefühl wieder gefunden“, sagte Marcel Hirscher, der nach Änderungen an den Schuhen („Es geht nicht einmal um einen Zentimeter, aber für mich macht es die Welt aus“) dieses Mal schon nach Teil eins die Faust ballte. Zwei Siege fehlen ihm nun noch auf die 35 Weltcup-Slalomerfolge des Italieners Alberto Tomba.
Zuletzt war der Salzburger ja vor allem im Stress, denn die beste Zeit in einem ersten Lauf hatte der Weltmeister zuletzt kurz vor Weihnachten in Madonna di Campiglio – und dann fädelte er im Finale ein und musste zurücksteigen. Es folgten Schwerarbeit in Zagreb (Sieg nach zweitbester Zeit im ersten Lauf) und Adelboden (Sieg nach drittbester Zeit) – und selbst für ihn nicht mehr lösbare Aufgaben in Wengen (Dritter) und Kitzbühel (Zweiter).
Aus der Traum
Mit dem Franzosen Clément Noël hatte in den letzten beiden Slaloms einer gesiegt, den selbst Hirscher als die Zukunft sieht. Doch der 21-Jährige konnte das Klassiker-Triple Wengen – Kitzbühel – Schladming anders als Henrik Kristoffersen (2016) und Benjamin Raich (2001) nicht komplettieren – der Elsässer schied bereits im ersten Lauf aus, seine verspätete Weihnachtszeit ist damit zumindest vorläufig beendet, was Noël die Tränen ins Gesicht trieb. „Ich weiß nicht, was passiert ist“, sagte der Mann aus den Vogesen, „ich bin niedergeschlagen. Aber das hält bei mir nie lange an.“
Zum Lachen war auch Manuel Feller nicht zumute: Der Vizeweltmeister aus Tirol kam zum dritten Mal in dieser Saison nicht ins Ziel. „Es war ein Eigenfehler. Wahrscheinlich habe ich um ein Tor zu früh die Skier gehen lassen“, resümierte der 26-Jährige nach seinem Hoppala im ersten Lauf, „und wenn du dich dann so hinten reinziehen lässt wie ich, dann passiert genau so etwas. Ich hab’ alles probiert, wie zuletzt schon in Kitzbühel – mehr kann ich nicht tun.“Immerhin war Feller bei seinem Ausscheiden der Zweitschnellste.
Bei der nächsten Chance geht es dann um Medaillen: Am 17. Februar beschließen die flinken Herren im Stangenwald die Ski-WM im schwedischen Åre. Christian Hirschbühl, zuletzt auf den Plätzen sieben (Wengen) und zehn (Kitzbühel) wurde dieses Mal Zehnter, bleibt aber in der Poleposition für den fünften WM-Startplatz neben Titelverteidiger Hirscher, Feller, Marco Schwarz (gestern Fünfter) und Michael Matt (13.). Denn Marc Digrubers Angriff mit der siebentbesten Zeit dürfte zu spät gekommen sein, die Saison des Niederösterreichers war zuvor ja doch eher bescheiden.