Zugunfall in Wien war zu verhindern
Meidlinger Bahnhof. Railjet prallte gegen Verschubfahrt: Waggons stürzten um / Diskussion um „Flankenschutz“
Drei Schwer- und 13 Leichtverletzte. Dazu erheblicher Sachschaden an Fahrzeugen und Schienen. Am 15. April 2017 kollidierte im Bahnhof Wien-Meidling ein Railjet mit einer Verschubfahrt. Vier Waggons gerieten in Schieflage. Der Railjet fuhr zum Zeitpunkt des Zusammenpralls 76 Stundenkilometer (km/h), die Verschubfahrt 15 km/h. Im Fachjargon nennt man diese Unfallart „Flankenfahrt“. Der Aufprall war dermaßen heftig, dass vier Waggons des Railjets auf das Nachbargleis gestoßen wurden. Die Wiederherstellung des ungestörten Betriebs dauerte Wochen.
Es ist „höchst wahrscheinlich, dass eine aktive Flankenschutzeinrichtung“dies alles „verhindert hätte“, schreibt die Oberste Eisenbahnbehörde in einer Stellungnahme.
Sicherheitseinrichtung
Um es laienhaft verständlich zu machen: Wenn ein Railjet (oder anderer Zug) durch Österreich unterwegs ist, gibt es auf den Gleisen rundherum Aktivitäten mit anderen Zügen. Damit nichts den Weg des Schnellzugs kreuzt, gibt es Haltesignale für die querenden Gleise oder eben einen Flankenschutz. Dieser ist eine technische Einrichtung, die verhindert, dass eine Verschubfahrt etwa zu weit in ein fremdes Gleis hineinfahren kann. Es dient der Absicherung.
Im aktuell Fall war ein so genannter „Schotterzwerg“das letzte Signal für die Verschubfahrt. Das ist kein hohes, gut sichtbares Signal und eben auch keine technische Einrichtung auf den Gleisen – sondern nur ein nicht einmal hüfthohes kleines Signal. Das könnte zu wenig gewesen sein.
„Ein Zwergsignal rund 20 Meter vor der gefährlichen Weiche (...) stellt eine sicherheitstechnische Schwachstelle dar. Unfälle infolge von Zugfahrten waren voraussehbar“, schreibt der Lokführer der Verschubfahrt in seiner (von einem Anwalt verfassten) Stellungnahme.
So reagieren die ÖBB
Die Untersuchungsstelle gab den ÖBB jedenfalls Hausaufgaben auf. So müssen an der Unfallstelle die entsprechenden Signale überprüft werden. Auch sollten Verschubsignale generell kontrolliert werden, ob bei den Schotter- zwergen nicht rote statt weiße Lichtpunkte verwendet werden sollen.
Laut ÖBB-Sprecher Daniel Pinka wird das betroffene Verschubsignal in den kommenden Wochen umgebaut.
„Dies hat etwas Zeit in Anspruch genommen, weil im Hintergrund zahlreiche Umstellungen in der Software im Stellwerk erforderlich sind“, sagt Pinka zum KURIER. „Um generell das hohe Sicherheitsniveau bei Verschubfahrten zu halten und auch zu erhöhen, wurden in einem Projekt ,Sicherer Verschub’ Gegensteuerungsmaßnahmen erarbeitet, die auch den Sicherheitsempfehlungen entsprechen.“
Diese Maßnahmen werden heuer in Pilotbetrieben umgesetzt, um weitere Erkenntnisse für eine eventuelle flächendeckende Umsetzung zu erlangen.
So werden zum Beispiel „Änderungen in den Abläufen der Abwicklung, andere Färbung von Verschubsignalen, technische Änderungen in Anlagen vorgenommen, um die Auswirkungen von menschlichen Fehlern, wie in diesem Fall weitgehend ausschließen zu können“.